Geldanlage und Vermögensaufbau

Money Avoidance

Money Avoidance oder auch: Keine Angst vor Geldfragen. In dieser Ausgabe geht es darum, warum viele Menschen einen Fluchtdrang verspüren, wenn die Finanzen rufen – sei es bei der Geldanlage als auch beim Umgang mit dem lieben Geld.

Ich werde mich damit beschäftigen, was das bedeutet, also wie und warum man durch diese Flucht nicht finanziell selbstbestimmt agiert. Und ich werde darüber sprechen, was man dagegen unternehmen kann, wenn man das Thema Geld ganz weit von sich wegschiebt. 

Hier geht es zum Podcast:

Über Geld spricht man nicht.

Dieses bekannte Sprichwort tabuisiert Geld. Und tatsächlich, in Deutschland ist es auch unter Freunden ziemlich unüblich, über Geld zu sprechen.

Dieses Tabu scheint nicht nur gesamtgesellschaftlich oft gelebt zu werden. Für viele Menschen ist Geld ein Thema, das sie ganz weit von sich wegschieben. Im Englischen gibt es dafür den Begriff der Money Avoidance.

Money Avoidance bedeutet nicht unbedingt, dass Du finanzielle Probleme hast, vor denen Du wegläufst. Vielmehr ist Geld ein Stressfaktor und ein angstbehaftetes Thema. Und wenn wir Ängste spüren, dann ist Vermeidung ein gängiger Bewältigungsmechanismus. Wenn jemand eine soziale Phobie hat, wird er Parties eher meiden. Bei Flugangst geht der Urlaub eher an die Ostsee als in die Karibik. 

Auch bei Money Avoidance sehen wir diese Vermeidungstaktik. Man will sich nicht mit Geldthemen beschäftigen. Das äußert sich zum Beispiel dadurch, dass man seine Geldangelegenheiten nicht regelt, dass  man möglicherweise überhaupt keinen Überblick über seine Finanzen hat. Die eigene finanzielle Situation wird ignoriert. Finanzielle Dinge werden aufgeschoben, also man prokrastiniert. Der Kontostand oder Kreditkartenabrechnungen werden nicht gecheckt. Rechnungen werden auf den letzten Drücker oder verspätet beglichen. Man hat Probleme, das eigene Budget einzuhalten – wenn man überhaupt ein Budget aufgestellt hat. Die Geldanlage, der Vermögensaufbau wird nicht angegangen. Und auch mit engen Freunden, dem Partner oder der Familie wird das Thema Geld nicht adressiert. 

Diese Vermeidungsstrategie bei Money Avoidance verhindert nicht nur, dass man sein finanzielles Schicksal aktiv gestaltet.

Sie kann auch zu finanziellen Problemen führen. Und die Vermeidung und die zugrundeliegenden Ängste, die können durch die eigene Biografie und Faktoren wie Erziehung beeinflusst sein. 

Darüber hatte ich in Folge 26 über die Summe der Erfahrungen gesprochen:

Wir sind nunmal durch unsere Lebenssituation und die Umstände, unter denen wir aufgewachsen sind, stark geprägt. Wenn man als Kind finanzielle Unsicherheit erlebt hat oder wenn man bei seinen Eltern schon wahrgenommen hat, dass das Thema Geld und Geldanlage unangenehm ist, vielleicht tabuisiert wird, dann macht das was mit einem. 

Geld ist für viele Menschen ein belastendes Thema, weil es knapp ist. Umgekehrt wurde bei Dir vielleicht in der Kindheit zu Hause am Küchentisch das Familienbudget oder das Thema Geldanlage besprochen. Dann hast du vielleicht erlebt, dass Geld ein durchaus normales Thema ist, mit dem reflektiert umgegangen wird. Wenn Du das nicht erlebt hast, dann kann Geld auch eine Überforderung für Dich sein, die aus einem Mangel an Wissen resultiert, aus einem fehlenden Verständnis über Finanzen.

Vielleicht sorgt man sich auch vor dem Urteil anderer. Man hat Angst, als unfähig angesehen zu werden, dass mein sein finanzielles Leben nicht im Griff hat. Doch auch wenn Geld ein Tabuthema ist, so entscheidet der finanzielle Status doch häufig über unser Selbstbild und das Bild, das wir uns von anderen machen.

Money Avoidance hängt zusammen mit Angst, Stress und Überforderung

Wir sprechen also über möglicherweise tiefsitzende, jedenfalls sehr negative und unangenehme Gefühle. Und da ist es durchaus verständlich, dass man die vermeiden möchte. Doch Vermeidung wird das Thema für uns nicht lösen. Vermeidung hindert uns daran, finanziell selbstbestimmt zu sein und Vermeidung vergrößert das Problem.

Das ist wie wenn man einen vollgepackten Keller hat, der eigentlich mal entrümpelt werden sollte. Doch tatsächlich landet immer mehr Krempel im Keller und mit der Zeit wird es immer schlimmer, bis man in dem Durcheinander gar nichts mehr findet. 

Dann kann es sein, dass die Angst vor dem Aufräumen nur noch größer wird. Bis es schließlich vielleicht gar nicht mehr anders geht und der schreckliche Verdacht bestätigt sich: Es ist genau so chaotisch wie Du befürchtet hast. 

Wenn Du glaubst, dass auch Du Money Avoidance hast, dann sei Dir gesagt: Damit bist Du nicht allein.

Money Avoidance ist gerade bei jüngeren Menschen in verschieden starken Ausprägungen ein wirklich weitverbreitetes Phänomen, das sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht und das durch die wirtschaftlichen Herausforderungen der letzten Jahre, wie Pandemie und hohe Inflation, eher größer geworden ist.

Tatsächlich ist es ein Grund dafür gewesen, weswegen ich diesen Podcast bzw. Blog gestartet habe. Ich beschäftige mich schon länger mit Finanzen und lange Zeit war ich damit in meinem Freundes- und Bekanntenkreis eher ein Exot. 

Aber mit den Jahren wurde ich immer mehr darauf angesprochen und die Gespräche liefen immer ziemlich ähnlich ab: Ich würde gerne meine Finanzen besser in den Griff bekommen. Ich weiß, dass ich wirklich was tun sollte, sparen, investieren. Aber ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. 

Und meine Empfehlungen kreisten dann immer um die in diesem Podcast besprochenen grundlegenden Aspekte, also sich über seine finanzielle Situation, persönlichen Ziele und Prioritäten klar zu werden. 

  • Einen Kassensturz zu machen, wie in Folge 36 über richtiges Sparen beschrieben, also genau zu verstehen: Was sind meine Vermögenswerte? Was sind meine Einnahmen?
  • Ein Haushaltsbuch aufzustellen, also die Ausgaben kontrollieren und dann mit dem Investieren zu beginnen, wie zum Beispiel in Folge 1 über die ersten Schritte der Geldanlage oder in Folge 22 über passives Investieren mit ETFs dargelegt.

Wenn man diese Dinge erledigt, dann ist ein Großteil schon gemacht. 

Das Problem der Money Avoidance beginnt aber davor.

Deswegen die Frage: Wie schaffe ich es, meine ablehnende Haltung zu überwinden und endlich mein finanzielles Schicksal in meine Hände zu nehmen?

Auch wenn die Vermeidung sich unterschiedlich und unterschiedlich stark äußern kann, oft geht es darum, ein Muster schädlicher Verhaltensweisen zu durchbrechen. Und wenn Du bestimmte Ängste oder Stressmomente verspürst, dann könnte es helfen, wenn Du ihnen auf den Grund gehst. 

Da sind wir wieder bei Folge 26 über die Summe der Erfahrungen: Wenn unsere Erfahrungen und die Umstände, unter denen wir aufwachsen, uns auch in Fragen des Geldes beeinflussen, dann sollten wir uns darüber bewusst werden.

Wenn in Familie A über Finanzen im Sinne von Chancen gesprochen wird, während in Familie B Finanzen im Sinne von Beschränkungen ein Thema sind. Und bei Familie C das Thema Finanzen gänzlich vermieden wird, vielleicht weil Geldfragen als unmoralisch angesehen werden. Dann kann man sich als Erwachsener die Frage stellen, wie war das bei uns? Waren Finanzen überhaupt ein Thema und wie?

Bei Geldfragen geht es oft darum, sich selbst zu verstehen, das eigene Denken und Verhalten, Werte, Wünsche und Ängste. Wie wirken die Geschehnisse unserer Zeit, der Zeitgeist, Deine familiäre Situation, Deine beruflichen Perspektiven, die Bedingungen, unter denen Du aufgewachsen bist, wie wirken die auf Dich ein und wie prägen sie Dich?

Versuche Dich selbst zu verstehen. Wenn Du Dich und Deine finanziellen Glaubenssätze verstehst, dann kannst Du handeln und etwaige schädliche Denkmuster und Verhalten umwandeln.

Was kannst Du tun, um den Ängsten und dem Stress zu begegnen?

Wie schaffst Du es, Money Avoidance, die Vermeidung, die Flucht vom Geld, zu überwinden?

Wie besprochen, sollten wir versuchen, uns selbst zu verstehen. Warum denke ich, wie ich denke, warum habe ich bestimmte Ängste oder auch Verhaltensweisen?

Ein weiterer Grund, warum wir uns schwer tun, die Vermeidung zu überwinden, ist unser Drang nach kurzfristiger Belohnung, während wir negative Dinge vermeiden wollen. Stichwort Folge 6 über Instant Gratification: Die Vermeidung mag uns langfristig schaden, aber sie bringt uns kurzfristige Erleichterung. 

Und aus diesem Impuls kann die Vermeidung auch zur Gewohnheit werden. Entsprechend kann es helfen, die eigenen Gewohnheiten zu identifizieren und zu hinterfragen. Psychologen sprechen hier von Gewohnheitsschleifen, auf Englisch habit loops. 

Ein Beispiel: Dir fällt ein, dass Du eigentlich Deine Abrechnungen machen solltest. Dein Verhalten ist: Du räumst erstmal die Wohnung auf und bügelst Deine Wäsche. Du hast also die lästige Aufgabe der Abrechnungen erfolgreich vermieden.

Die Frage ist also, wie Du es schaffst, im Kopf umzuschalten: Weg vom Impuls, hin zur Logik.

Wenn wir davon ausgehen, dass unser Gehirn nach Belohnungen giert, dann wäre eine Überlegung, dass wir unserem Gehirn ein besseres Angebot als die Vermeidung unterbreiten, um die Gewohnheitsschleife zu durchbrechen.

Du könntest innehalten und reflektieren, was Dein Verhalten für die Zukunft bedeutet, welche positiven und negativen Konsequenzen es gibt. Was ist der Beipackzettel Deiner Entscheidung. Das Wegrennen vom Geld mag Dir im Moment Erleichterung geben, aber das Thema bleibt und wird Dich immer wieder einholen. Du wirst also immer wieder Stress verspüren. 

Wenn Du hingegen einen festen Termin definierst, an dem Du Deine Rechnungen abarbeitest, dann wird das immer noch lästig sein. Aber wenn Du einmal die Routine etablierst, dann ist die Arbeit auch überschaubar. 

Also eine Idee wäre: Du machst Dir einen festen Zeitplan für die Beschäftigung mit Deinen Finanzen, zum Beispiel in dem Du Dir an jedem ersten Sonntag im Monat eine feste Zeit reservierst, in welcher Du Deine aktuellen finanziellen Fragen bearbeitest und auch wichtige Entscheidungen triffst bzw. Vorbereitest. 

Du solltest die Erkenntnis haben, dass Veränderung jetzt wichtig ist. Du musst einen Handlungsdruck verspüren. Bei manchen meiner Freunde war das zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Alters. 

Du könntest Dir die Frage stellen: Wenn ich so weitermache wie bisher, wie wirkt sich das auf mein Leben in 10 Jahren aus? Was verpasse ich, was kostet mich mein heutiges Verhalten in Zukunft? 

Und dazu gehört ebenfalls die Einsicht: Ich trage die Verantwortung und nur ich kann es ändern.

Money Avoidance überwinden durch Visualisierung Deiner Ziele

Statt dieser eher negativen, abschreckenden Betrachtungsweise, könntest Du es auch positiv angehen, indem Du Deine persönlichen Ziele visualisierst.

Das Thema Geld ist für viele Menschen zunächst etwas abstrakt. Wenn ich mir aber vergegenwärtige, auf welches Ziel ich hinarbeite und was das für mich persönlich Positives bedeutet, dann ist Geld vielleicht nicht mehr ein Stress- und Angstfaktor, sondern ein Mittel zum Erreichen meiner persönlichen Ziele. Und ich habe einen klaren Plan, wie ich dahin komme. 

Vielleicht hilft es Dir auch, Ziele gemeinsam zu formulieren. Angenommen Du planst mit Freunden einen Urlaub, dann könntet Ihr zum Beispiel miteinander vereinbaren, jeden Monat einen bestimmten Betrag zur Seite zu legen, um auf die Reise hinzusparen. Das hat ebenfalls den positiven Effekt, dass Ihr Euch gegenseitig in die Pflicht nehmt. 

Sei nicht zu streng mit Dir selbst

Ein – wie ich finde – wichtiger Aspekt bei der Überwindung der Überwindung ist, dass man nicht zu streng mit sich sein sollte und sich nicht selbst verurteilt. Wenn ich mich meiner Flucht vom Geld stelle und ich doch immer wieder in alte Verhaltensweisen tappe, dann ist das kein Beinbruch. 

Darüber hatte ich in Folge 28 über Confirmation Bias gesprochen: Wenn ich als kluger und grundsätzlich rational handelnder Mensch einen finanziellen Fehler begehe, dann bleibe ich ein kluger und grundsätzlich rational handelnder Mensch. Ein Fehler bleibt ein Fehler. Ein Fehler passiert und das muss nicht an meinem Selbstbild rütteln.

Gleichzeitig könnte das Verdrängen einer finanziellen Fehlentscheidung dazu führen, dass ich eine Vermeidungshaltung entwickle. 

Wenn ich allerdings finanzielle Fehler identifiziere und mich mit ihnen auseinandersetze, dann kann ich konstruktiv damit umgehen, daraus lernen und ich erlebe, dass ich immer noch handlungsfähig bin.

Und mit dieser Betrachtungsweise nehme ich dem Thema Geld vielleicht auch etwas die Schwere, die ich mir persönlich auferlegt habe.

Ich muss auch nicht alles auf einmal angehen. Die Summe der kleinen Schritte kann ebenfalls eine hohe Wirkung erzielen. Man kann auch eine Liste mit kleinen Maßnahmen erstellen, die man Schritt für Schritt durchführen möchte, wobei man sich sukzessive steigert, ohne sich selbst zu überfordern.

P.S. Das Titelbild ist in Brandenburg entstanden

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