Jeder spielt sein eigenes Spiel – Warum der Vergleich mit anderen bei Finanzen schadet

Geld Podcast

Bei Finanzen spielt jeder sein eigenes Spiel. Dieses Thema baut auf einem Gedanken auf, über den ich bereits in Ausgabe 1 über die ersten Schritte der Geldanlage sprach. Und zwar ist die Beschäftigung mit finanziellen Fragen auch eine Selbsterfahrung. 

Wenn Du Dich mit Geld und Finanzen beschäftigst, dann solltest Du Dir Deiner eigenen Situation bewusst werden, Deiner Möglichkeiten, Deiner Lebensumstände und natürlich Deiner finanziellen Ziele. Diesen Gedanken werde ich in dieser Ausgabe vertiefen und das Spannungsfeld Deiner eigenen Ziele und Deiner finanziellen Entscheidungen in der Wechselwirkung mit Deinem Umfeld diskutieren. Dein Umfeld prägt Dich. Es beeinflusst Dich. Es kann Vorbild sein. Das ist auch gar nicht schlimm. Bei finanziellen Angelegenheiten kann das aber auch negativ sein. Das werde ich in dieser Ausgabe vertiefen.

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Wir neigen dazu, uns mit anderen Menschen zu vergleichen.

Das tun wir mal bewusst, mal unbewusst und auch aus verschiedenen Gründen.

Durch den Vergleich mit unserem Umfeld, unseren Mitmenschen können wir uns verorten. Was können wir wie gut? Wie gut geht es uns? Wie viel besitzen oder verdienen wir im Vergleich zum Freundeskreis oder auch zu Kollegen?

Dass wir uns vergleichen, hat auch eine Funktion. Zum Beispiel, damit wir uns und unsere Fähigkeiten gut in Gruppen einbringen können. Oder um zu lernen und uns zu verbessern. Womöglich fühlen wir uns auch besser, indem wir uns mit Menschen vergleichen, denen es nicht so gut geht wie uns. Oder wir ziehen Selbstbestätigung aus der Tatsache, dass unser Gegenüber eine Sache nicht so gut beherrscht wie wir selbst.

Wir können uns, unsere Fähigkeiten, Besitztümer oder unseren Status ebenso nach oben vergleichen, also mit Menschen, die in einer Sache besser abschneiden als wir. Das kann uns möglicherweise motivieren. Das kann uns aber auch schaden. 

Ein Beispiel wären die sozialen Medien. Dort werden uns in einer Tour die Schönheit, der Reichtum, das aufregende Leben und der Erfolg von anderen Menschen unter die Nase gerieben. Das mag für manche eine willkommene Ablenkung vom Alltag sein und Stoff zum Träumen geben. Das kann ebenso desillusionieren, die eigene Situation abwerten oder auch eine unrealistische Erwartungshaltung schüren, die – wenn sie nicht erfüllt wird – ein Rezept für Enttäuschung ist. 

Der Autor Shane Parrish stellt fest, dass das Vergleichen mit anderen das größte Hemmnis ist, um glücklich zu sein.

Natürlich vergleichen wir uns auch bei Finanzen mit unserem Umfeld. 

Das hast Du vielleicht auch schonmal beobachtet, sei es bei Dir selbst, oder bei anderen: Dieses Gefühl, dass Menschen im eigenen Umfeld mehr Geld verdienen, dass sie finanziell besser dastehen, dass sie nicht mit den gleichen finanziellen Herausforderungen zu kämpfen haben und sich manche Dinge leisten können, die für einen selbst eher außerhalb des Machbaren sind. 

Dieser Vergleich tut nicht gut. Der erzeugt negative Emotionen. Vielleicht sogar Neid. 

Der Vergleich mit anderen kann sich auch auf das eigene Ausgabenverhalten auswirken. Stichwort Lifestyle-Falle aus Folge 12: Wenn Du Dich übermäßig mit anderen vergleichst, kann es passieren, dass Du Deine Ausgaben erhöhst, um mit ihnen Schritt zu halten. 

Und wenn wir uns in Geldfragen mit anderen Menschen vergleichen, dann hinkt dieser Vergleich in vielen Fällen ganz gewaltig. Wir Menschen sind nunmal sehr verschieden. Das zeigt sich auch beim Geld.

Wir haben sehr unterschiedliche Lebensrealitäten. 

Vielleicht hast Du geerbt oder einen hochbezahlten Job. Du kannst Dir schöne Dinge leisten. Vielleicht bist Du schon heute wohlhabend und Geldanlage ist für Dich eher eine Frage, wie Du Dein Vermögen absicherst oder wie Du den Status der finanziellen Freiheit erlangst.

Vielleicht bist Du auch eher prekär beschäftigt und musst zum Monatsende immer die letzten Euros zusammenkratzen, um über die Runden zu kommen. Vielleicht hast Du hohe Schulden und Du kannst nachts nicht schlafen, weil die Gläubiger auf Dich Druck ausüben. 

Das ist eine komplett andere Lebensrealität. Da werden Dein Umgang mit Geld, Dein Blick auf Dinge wie Existenz, Wohlstand und Vermögensaufbau mit Sicherheit komplett anders sein.

Das sind zwei eher extreme Beispiele. Aber irgendwo zwischen diesen Extremen finden sich in Deutschland über 80 Millionen individuell verschiedene Lebensrealitäten und auch persönliche Ansichten. 

Natürlich sind auch die Lebensentwürfe und entsprechend die finanziellen Ziele oder die Investment-Zeiträume sehr heterogen.

Die eine Person spart eher kurzfristig auf die Finanzierung einer langersehnten Reise hin. Jemand anders strebt die Anzahlung einer Immobilie an und wieder anderen geht es um den Vermögensaufbau, zum Beispiel als Sparstrumpf fürs Alter.

Wir haben unterschiedliche Möglichkeiten und wir verfolgen jeweils unterschiedliche Ziele. Jeder spielt sein eigenes Spiel. Und entsprechend sollten wir uns auf uns und unser Spiel konzentrieren und uns nicht fälschlicherweise mit den Spielen anderer Menschen vergleichen.

Beim Investieren und bei Deinen Finanzen bist du selbst für dein Handeln verantwortlich.

In Ausgabe 14 über die erste Regel des Investierens sagte ich, dass die Börse eine lehrreiche, effektive, aber auch brutale Schule ist, bei der Fehler teuer bezahlt werden.

Der Vergleich mit anderen bringt Dich nicht weiter. Du kannst Dich mit anderen austauschen und auch von anderen lernen. Aber letztlich musst Du unabhängig und möglichst unbeeinflusst denken und die für DICH richtigen Entscheidungen treffen.

In sozialen Medien wird vornehmlich die Sonnenseite des Lebens beleuchtet. 

Das sieht immer aufregend und beeindruckend aus. Der Alltag, schwierige Lebensphasen oder Streit mit dem Partner, kommen da eher selten vor. Ausgehend von dem, was Menschen posten, kannst Du nicht beurteilen, wie ihr Leben tatsächlich aussieht. 

Und bei Finanzen ist das ähnlich.

Wenn im Bekanntenkreis über Aktien gesprochen wird, dann wird eher mit Gewinnen geprahlt. Über Verluste spricht man nicht so gerne. 

Vielleicht hat jemand ein teures Auto vor der Tür stehen, muss dafür aber an anderer Stelle sehr auf die Kostenbremse treten. Vielleicht hat er oder sie auch Schulden. Du kennst nicht das komplette Bild. 

Und aufgrund unterschiedlicher Lebensrealitäten und unterschiedlicher Lebensentwürfe können Du und Dein Gegenüber gänzlich andere Ziele verfolgen. 

Morgan Housel stellt fest, dass bei den meisten Finanzdebatten Menschen mit unterschiedlichen Zeithorizonten aneinander vorbeireden.

Anleger haben unterschiedliche Ansichten, Situationen und Ziele. Sie spielen also unterschiedliche Spiele. 

Wenn Du eine andere Lebensrealität und Lebensplanung verfolgst, als Dein Gegenüber, dann wäre es nicht rational, sein Spiel zu spielen. Was Du im Leben als erstrebenswert erachtest, kann fundamental anders als meine Vorstellungen sein. 

Vielleicht ist ein Auto ein Gebrauchsgegenstand für Dich, der Dich von A nach B befördert. Vielleicht ist Dir ein teures Auto wichtig. Vielleicht brauchst Du gar kein Auto. Vielleicht hast Du ambitionierte Karrierepläne, vielleicht möchtest Du Deine Freizeit optimieren.

 Mit wem vergleichst Du Dich, Deine finanzielle Situation oder Deine finanziellen Ziele? 

Hörst Du eher ungeprüft auf den heißen Investment-Tipp Deines Kumpels? Hat er die richtige Investment-Strategie, das richtige Sparverhalten für Dich und Deine Situation? Lebensphilosophien, finanzielle Möglichkeiten, Risikoprofile und Zeithorizonte sind individuell unterschiedlich.

Also die Frage ist: Wer sind Deine Vorbilder? Wer inspiriert Dich? Von wem nimmst Du Rat an und wen beneidest Du? Warum überhaupt? 

Und wenn der Vergleich mit anderen dazu dienen soll, dass Du von ihnen lernst oder auch Dich besser fühlst, dann solltest Du genau hinterfragen, ob der Vergleich mit anderen diese Funktion überhaupt erfüllt, erfüllen kann. Das ist in Geldfragen oft nicht der Fall. Und die Empfehlungen von sogenannten Gurus solltest Du besonders kritisch hinterfragen, wie in Ausgabe 5 über Autoritätsgläubigkeit bereits dargelegt. 

Was kannst Du machen, um Dein Spiel wirklich unabhängig zu spielen?

Wie so oft hilft es bereits, wenn Du Dir die Dinge bewusst machst. Und in diesem Fall heißt das, dass Du Dir vergegenwärtigst, dass Menschen unterschiedliche Spiele spielen. Dann bist Du weniger anfällig dafür, Dich übermäßig mit anderen zu vergleichen, mit dem was sie machen und was sie haben. 

Wenn Dein Gegenüber Dir einen Rat gibt, dann mag der gut gemeint sein. Aber der Rat kann für Dich persönlich und mit Blick auf Dein Spiel, auf Deine Ziele, kann der Rat echt schlecht sein. Da ist das Stichwort die eingangs erwähnte Selbsterfahrung: Du solltest Dir bewusst sein, welche Ziele Du überhaupt verfolgst und wie Du diese erreichst. 

Du solltest also Dein Spiel definieren, um sicherzustellen, dass Du Dein Spiel spielst und Du nicht in das Spiel eines anderen hineingezogen wird. Jede Minute, in der Du Deine finanzielle Situation mit der eines anderen vergleichst, ist eine Minute weniger, in der Du Dich mit Dir, Deinen Zielen und deren Erreichen beschäftigst. 

Fokussiere Dich auf DEINE finanziellen Ziele und auf DEINEN Plan, DEINE Routinen und DEINE Verhaltensweisen, um diese Ziele zu erreichen. Wie Du die finanziellen Ziele angehst, kannst Du auch nochmal in Ausgabe 1 über die ersten Schritte der Geldanlage nachhören bzw. -lesen.

Du kannst ebenfalls eine Liste Deiner Prioritäten im Leben erstellen und aus denen kurz-, mittel- und langfristige Ziele ableiten.

Die Liste kannst Du regelmäßig kritisch checken und ggf. überarbeiten, weil auch Deine Bedürfnisse sich im Zeitverlauf ändern können. 

Du weißt nicht, was die Lebensrealität Deines Gegenübers ist. Welche Kämpfe er oder sie austrägt. Zur Schau getragene Erfolge entsprechen vielleicht nicht der Wirklichkeit oder zeigen nur eine Seite der Medaille. 

Und beim Investieren ist Erfolg relativ. Ob ein Ergebnis erfolgreich ist, das hängt von Deiner Erwartungshaltung ab, von dem, was Du tatsächlich anstrebst. Da ist es nicht sinnvoll, die einseitig zur Schau getragene Performance Dritter als Gradmesser für Erfolg heranzuziehen. 

Dann passiert es schnell, dass sich Neid einschleicht.

Geht es nach Charlie Munger, dann ist Neid eine wirklich dumme Sünde. Weil Neid ist die einzige Sünde, mit der man nie Spaß haben kann, sondern nur Schmerz erfährt.

Und Neid ist wirklich trügerisch. Denn egal wie viel Du hast, es gibt einen, der mehr hat als Du. Munger selbst sagt, dass er es geschafft hat, den Neid in seinem Leben abzulegen und das sei eines der einfachen Geheimnisse für ein glückliches Leben. Ihm sei es herzlich egal, was jemand anders hat, aber andere Leute mache das wirklich verrückt und das führt dann auch zu schlechten Entscheidungen.

Munger hat schwere wirtschaftliche wie persönliche Krisen erlebt und er sagt, dass er gar nicht verstehe, warum Menschen nicht viel glücklicher sind, mit dem was sie haben. Gerade wenn man bedenkt, wie viel besser es ihnen geht, im Vergleich zur Mehrheit der Menschen vor ein paar Generationen oder auch heute in armen Ländern. Heutzutage werde es als selbstverständlich hingenommen, dass es jedem fünfmal besser geht als noch im Jahr 1800. 

Alles woran manche Menschen denken können ist, dass jemand anderes mehr hat und dass es nicht fair ist, dass er etwas hat und ich nicht. Und nun mögen manche einwerfen, dass sich das von einem Milliardär leicht sagen lasse, aber ich finde den Gedanken gar nicht falsch. Wenn Dich das Thema interessiert, dann empfehle ich Dir an dieser Stelle auch gerne nochmal Ausgabe 16 mit einem Plädoyer für finanzielle Zuversicht.

Abschließend lässt sich über „jeder spielt sein eigenes Spiel“ sagen:

Der Vergleich mit anderen kann hilfreich sein. Zum Beispiel wenn Du die Erfahrungen anderer Menschen als Inspiration nimmst oder auch als Ansporn etwas zu machen.

Ihre Erfahrungen können Dich inspirieren, sie sollten Dich aber nicht von Deinen Zielen, Deinen Möglichkeiten und Deinen Plänen ablenken und sie sollten Dich nicht neidisch machen. 

Vielleicht fragst Du Dich auch, ob Dich Dinge wirklich glücklich machen. Ob sie Dir kurzfristig Freude bereiten oder ob ihr Erwerb Dein langfristiges Wohlbefinden überhaupt nicht beeinflusst und Deine finanziellen Ziele sogar torpediert werden, wie in Folge 6 über Instant Gratification erläutert.

PS: Das Beitragsbild ist in Spanien entstanden.

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