Geldanlage und Vermögensaufbau

Warren Buffetts erste Regel des Investierens

Geld und Vermögensaufbau

Die erste Regel des Investierens hat Warren Buffett definiert, als er sagte: „Die erste Regel des Investierens ist verliere niemals Geld.“

Die Wichtigkeit dieser Regel unterstreicht er mit seiner Regel Nummer 2, die da lautet: Vergiss’ nicht Regel Nummer 1. 

 

Hier geht es zum Podcast:

Eine Klarstellung, um Missverständnissen vorzubeugen: Verluste vermeiden heißt nicht, dass Du auf gar keinen Fall Wertpapiere mit Verlust verkaufen solltest. Wie zum Beispiel in “Wenn die Börsen beben” bereits erläutert: Ja, es kann sinnvoll sein, Verluste auszusitzen. Es gibt aber Situationen, bei denen gerade das nicht ratsam ist. 

In der heutigen Ausgabe geht es darum, warum das Vermeiden von Verlusten das oberste Gebot für uns als Investoren ist, wie Warren Buffett und sein Kompagnon Charlie Munger auf das Thema blicken und wie Du ihr Denken und Handeln als Anlegerin oder Anleger für Dich nutzen kannst. 

In der Ausgabe über Risiko sprach ich bereits zu Warren Buffetts Definition von Risiko: 

“Risiko, das ist die Möglichkeit von Verlust oder von Schaden. Und Risiko entsteht, wenn Du nicht weißt, was Du tust.”

Dazu auch der Investor Chuck Akre:

“Wenn wir von Risiko sprechen, dann sprechen wir nicht über die Schwankungen von Aktienkursen. Schwankende Aktienkurse bieten uns günstige Gelegenheiten. Wenn wir von Risiko sprechen, dann denken wir an die Möglichkeit des permanenten Verlustes von Kapital.”

Die Kapitalmärkte sind Schwankungen unterworfen, das ist soweit normal. Aber der permanente Verlust von Kapital, der z.B. dadurch entsteht, wenn Du eine Aktie zu einem hohen Kurs kaufst und zu einem niedrigen Kurs wieder verkaufst, den willst Du unbedingt vermeiden.

Wenn Du langfristig ein Vermögen aufbauen möchtest, dann solltest Du die wunderbare Kraft des Zinseszins für Dich nutzen. Und den Prozess der Aufzinsung, des Compounding, den solltest Du nicht unterbrechen. Und um dies zu gewährleisten, ist es Deine Aufgabe als Anlegerin bzw. Anleger, dass Du den permanenten Verlust von Kapital vermeidest.

Regel Nummer 1: Verliere niemals Geld. Regel Nummer 2: Vergiss’ nicht Regel Nummer 1.

Warum ist es so wichtig, dass wir als Anlegerinnen und Anleger diese Regel befolgen? Warum sollten wir uns davor hüten, Geld zu verlieren?

Stell Dir vor, Du investierst 1.000 €, zum Beispiel indem Du 10 Aktien à 100 € kaufst. In der Folge geht der Aktienkurs auf 50 € zurück und Du verkaufst die Aktien. Dann erzielst Du mit diesem Invest einen permanenten Verlust von 50%, sodass Dir nur noch 500 € verbleiben. Um diesen Verlust von -50% wieder auszugleichen, musst Du die Dir verbleibenden 500 € verdoppeln, also um +100% anwachsen lassen. Das wird im Regelfall richtig lange dauern, diesen Kapitalzuwachs von +100% zu erzielen. 

Bei einer jährlichen Rendite von 7% dauert es 10,3 Jahre, bis Du den Verlust von -50% wieder ausgeglichen hast. Anders ausgedrückt: Wenn Du einen permanenten Verlust von -50% erzielst, benötigst Du bei einer historischen und über einen langen Zeitraum nicht unüblichen Rendite von z.B. 7% über ein Jahrzehnt, bis Du Deinen Verlust wieder eingespielt hast. Nach 10,3 Jahren bist Du also wieder da, wo Du ursprünglich gestartet bist. Du hast noch keinen Euro Rendite erwirtschaftet. Und mit Blick auf die Inflation hätte Dein Kapital in dieser Zeit sogar an Wert verloren. 

Deswegen die erste Regel des Investierens. Verliere niemals Geld!

Das mag jetzt etwas widersprüchlich klingen: Wir sollen einerseits Verluste vermeiden, aber gleichzeitig müssen wir Kursschwankungen an der Börse aushalten können bzw. Sollten diese laut Chuck Akre sogar zu unserem Vorteil nutzen. Aber es gibt einen gewichtigen Unterschied zwischen der zwischenzeitlichen Minderung des Wertes eines Portfolios und tatsächlich Geld zu verlieren. 

Wenn die Aktienmärkte fallen und die Kurse Deiner Aktien bzw. Deiner ETFs sinken unter den Preis, zu dem Du sie erworben hast, dann erfährst Du erstmal keinen realen, sondern nur einen rechnerischen Verlust, einen sogenannten Buchverlust. Wenn Du die Wertpapiere dann im Minus verkaufst, dann realisierst Du diesen Buchverlust und Du verlierst Geld. Das ist dann ein permanenter Kapitalverlust. Wenn die Kurse runtergehen und Du machst nichts, dann ist das auf dem Papier ein Wertverlust in Deinem Portfolio. Aber wenn Du nicht verkaufst, ist das erstmal kein permanenter Kapitalverlust. 

Allerdings ist die Frage, ob Du ein breitgestreutes Portfolio hältst, oder ob Du nur wenige Aktien besitzt.

Wenn Du ein breitgestreutes Portfolio hast, das den Markt in seiner Breite reflektiert, dann kannst Du mit einem langen Zeithorizont die niedrigen Kurse aussitzen oder sogar hinzukaufen. Der langfristige Zeithorizont meint hier 10 Jahre oder auch Jahrzehnte. Historisch und über einen langen Zeitraum betrachtet, wird der Markt wieder steigen. Diese Schwankung ist soweit normal und die musst Du akzeptieren. Du hattest dann einen zwischenzeitlichen Buchverlust, aber keinen permanenten Kapitalverlust.

Bei einzelnen Aktien ist diese Aussage so nicht gültig. 

  1. Die Kurse können langfristig im Keller bleiben oder sich unterdurchschnittlich entwickeln. Und indem Du die Aktien trotz schlechter Performance hältst, verpasst Du es, Dein Geld in Wertpapiere mit besserer Rendite zu investieren. 
  2. Es kann durchaus passieren, dass sich einzelne Aktien von einem heftigen Kursrückgang überhaupt nicht erholen.
  3. Das Unternehmen, dessen Aktien Du hältst, geht im Extremfall gar pleite. Stichwort Wirecard.

Das alles ist dann ebenfalls ein permanenter Kapitalverlust. Die Gründe wiederum, die können vielfältig sein, zum Beispiel ein schwieriger Ausblick oder grundlegende Probleme des Unternehmens. Das zeigt aber auch, dass es für Laien schwierig sein kann, die Lage richtig einzuschätzen.

Wir können Warren Buffetts erste Regel des Investierens somit auch anders fassen

Wenn wir ein breitgestreutes Portfolio haben und mit einem langen Zeithorizont investieren und die Märkte gehen auf Tauchstation, die Kurse sinken. Dann sollten wir es vermeiden, unsere Wertpapiere vorschnell zu verkaufen und einen permanenten Kapitalverlust zu generieren.

Wenn wir erfolgreich in Einzelaktien investieren wollen, dann sollten wir nur Aktien von qualitativ hochwertigen Unternehmen besitzen, die wir zu einem angemessenen Preis kaufen. 

Wenn die Unternehmen qualitativ hochwertig sind, sich auch in Zukunft positiv entwickeln, dann wird der Markt langfristig den wahren Wert dieser Unternehmen anerkennen und der Aktienkurs wird dies positiv reflektieren. 

Ein schlechtes Unternehmen wird langfristig einen schlechten Aktienkurs haben. Und wenn Du Aktien zu einem zu hohen Preis kaufst, dann besteht zum einen das Risiko eines hohen Kursverlustes. Außerdem: Bei langfristiger positiver Entwicklung des Unternehmens ist diese positive Entwicklung durch den hohen Kurs bereits eingepreist und der Aktienkurs wird in Zukunft entsprechend nicht stark steigen.

Was ist ein angemessener Preis für eine Aktie?

Das ist ein etwas umfangreicheres Thema und wird in einer  späteren Ausgabe nochmal tiefer beleuchtet. In aller Kürze: Es gibt verschiedene Parameter, um einen attraktiven Preis zu bestimmen, wie zum Beispiel das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Aber das ist nicht ganz trivial, weil Aktien, die stark gestiegen sind, die können noch weiter steigen. Und umgekehrt spricht nichts dagegen, dass eine stark gefallene Aktie noch weiter fällt. 

Das mag ziemlich banal klingen. Natürlich willst Du kein Geld verlieren, natürlich willst Du nur in gute Unternehmen investieren und natürlich willst Du keinen zu hohen Preis für Deine Investments zahlen. Aber die Praxis zeigt, dass viele Anlegerinnen und Anleger die erste Regel des Investierens eben nicht konsequent befolgen. Und sie erzielen eine unterdurchschnittliche Rendite. Das mögen auf den ersten Blick nur wenige Prozentpunkte Differenz sein, doch im langfristigen Zeitverlauf entspricht diese Differenz sehr viel Geld. Und zur Wahrheit gehört ebenfalls, dass nur wenige Investoren qualitativ hochwertige Unternehmen sicher identifizieren können. 

Also wie bereits an anderer Stelle in diesem Blog bzw. Podcast die Einschätzung: die Mehrheit der Investoren wäre besser beraten, einfach den Markt in seiner Breite zu kaufen und z.B. in ETFs zu investieren statt in Einzelaktien. 

Wenn das alles so selbstverständlich ist, warum leben dann nicht viel mehr Anleger nach diesen Grundsätzen und Verhaltensregeln?

Nun, im Prinzip könntest Du Dich mit einem breitgestreuten Portfolio und einem langfristigen Zeithorizont ganz entspannt zurücklehnen. Doch an der Börse sind viele Menschen davon getrieben, das ganz heiße Geschäft ihres Lebens zu machen. Die nächste Innovation, das eine Unternehmen, das in den nächsten Jahren so richtig durchstarten wird. 

Und dieses Denken wird leider auch noch befeuert von vermeintlichen Gurus, die öffentlichkeitswirksam den schnellen Weg zum Reichtum versprechen und teils waghalsige Empfehlungen und Prognosen abgeben. Zum Thema Gurus empfehle ich auch nochmal Ausgabe 5 über Autoritätsgläubigkeit.

Gerade bei Einzelaktien besteht die Gefahr, dass man sich von der Euphorie oder auch der Gier mitreißen lässt. Dass man auf vermeintlich schlaue und brandheiße Tipps hört. Und dann kann es passieren, dass man nicht hinreichend seine Hausaufgaben macht. Dass man sich vor einer Investitionsentscheidung nicht mit Fragen beschäftigt, wie: Ist das ein wirklich gutes Unternehmen? Ist das Management vertrauensvoll und geht es mit dem Geld der Anteilseigner sorgsam um? Ist der Aktienkurs, also die Bewertung des Unternehmens gerechtfertigt? 

Das sind alles Dinge, die Du tief ergründen solltest, wenn Du in Einzelaktien investieren möchtest, die aber oft vernachlässigt werden. Da regiert dann die Euphorie und der Glauben, besonders ausgebufft zu sein. Dass der Markt einfach noch nicht verstanden hat, was man hier schon erkennt, oder man entwickelt schier grenzenlose Phantasie über das zukünftige Potenzial eines Unternehmens. Und man risikiert, die erste Regel des Investierens zu brechen.

Demgegenüber stehen einige der erfolgreichsten Investoren, deren Fokus eher darauf liegt, keine Fehler zu begehen, um eben einen permanenten Kapitalverlust zu vermeiden.

Charlie Munger, der Kompagnon von Warren Buffett, der hat sinngemäß gesagt: Es ist bemerkenswert, wie viel langfristige Vorteile wir – also er und Warren Buffett – dadurch erzielt haben, dass wir konsequent darum bemüht waren, keine Dummheiten zu begehen, anstatt sehr intelligent zu sein.

Das finde ich einen wirklich schönen Kontrast zu den zahlreichen vermeintlichen Aktien-Gurus, die nie um einen brandheißen Tipp verlegen sind. Vermeide es, Dummheiten zu begehen, anstatt zu versuchen, sehr intelligent zu sein. Und Munger macht sich einen Satz des Mathematikers Carl Gustav Jakob Jacobi zu eigen, der sagte “Man muss immer umkehren”. Damit ist die Idee gemeint, dass viele schwierige Probleme besser gelöst werden, wenn man sie auf den Kopf stellt. Das ist eine andere Betrachtungsweise. Statt der Frage “welche Aktie wird so richtig abgehen und mich reich machen?” könnte man sich auch fragen, “wie vermeide ich es, Fehler zu begehen, die mir Verluste bescheren könnten”?

Mein Vater hat hier für sich den Begriff “Methode gegen den Strich” definiert. Er versucht Gründe zu finden, wo eine scheinbar gute Aktien einen Pferdefuß hat. Also anstatt ein Bild voller Fantasie zu malen, wie großartig sich die Zukunft entwickeln könnte, kann man auch die Frage stellen, was alles schiefgehen kann. 

Es gibt ca. 40.000 Aktien weltweit. Die kannst Du gar nicht alle analysieren. 

Und es gibt nur sehr wenige richtig gute Aktien, die langfristig eine richtig gute Rendite erzielen. Und somit ist es für die meisten Anleger nicht unbedingt ratsam, besonders schlau sein zu wollen und darauf zu setzen, dass man beim Vermögensaufbau genau diese richtig guten Aktien identifiziert. Das ist sehr fehleranfällig. Und wenn man Fehler vermeiden möchte, kann man z.B. mit breitgestreuten ETFs den Markt in seiner Breite abdecken. Damit hat man auch die Underperformer, also die Unternehmen, deren Aktien sich schlecht entwickeln, aber unterm Strich hat man den Marktdurchschnitt.

Und der Marktdurchschnitt, der will erstmal geschlagen werden, was rein mathematisch wenigen gelingen wird. Das ist wie wenn man die Frage stellt, wer sich für einen überdurchschnittlichen Autofahrer hält. Da gehen die allermeisten Hände hoch, wobei allein rechnerisch die Hälfte der Hände unten sein müsste. 

Bevor die Märkte im ersten Halbjahr 2022 zurückgegangen sind, da wurde gefühlt jedes Unternehmen in den Himmel gelobt. Da waren Unternehmen an der Börse, die unter Umständen noch keinen Umsatz ausweisen konnten oder wo die Möglichkeit der Profitabilität nur schwer zu erahnen war und die gleichzeitig teils absurd hoch bewertet wurden. Und die Kurse stiegen immer weiter.

Das erinnert an die Dotcom-Blase im Jahr 2000/2001. Da wurde die erste Regel des Investierens oft gebrochen.

Da wurden Internetfirmen gehyped, bei denen nur gemutmaßt werden konnte, ob die jemals Gewinne erwirtschaften. Da sind viele Investoren auf die Nase gefallen. Buffett wiederum ist seinem Credo gefolgt, Verluste zu vermeiden, nicht in das zu investieren, was man nicht versteht und wo Gewinne in den Sternen stehen.

Als Anleger mag man kurzfristig eine Welle reiten, man glaubt, es geht immer weiter. Aber langfristig wird das nicht funktionieren. Und dann kommt irgendwann der Moment, wo einen die Realität einholt. Die Börse ist eine lehrreiche, eine effektive, aber auch brutale Schule. Da werden Fehler teuer bezahlt. Da wirst Du richtig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, wenn Du übermütig wirst und meinst, schlauer als der Rest der Welt zu sein. 

Und wenn die erste Regel des Investierens lautet, dass man kein Geld verlieren soll. Dann sollte man sich wie Munger, Buffett und viele andere der erfolgreichsten Investoren der Welt davor hüten, dumme Fehler zu begehen, die einen Geld kosten. Man sollte sich nicht von seiner Gier leiten lassen und man sollte nicht versuchen, besonders schlau zu sein, um möglichst viel Rendite zu holen.

Das Titelbild habe ich am Strand von Málaga (La Playa de la Malagueta) fotografiert.

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