In dieser Ausgabe geht es ums Investieren mit dem Kaffeedosen Portfolio oder auf Englisch Coffee Can Portfolio:
- Was ist das Kaffeedosen Portfolio?
- Welche Vorteile hat es und wie kannst Du als Anlegerin und als Anleger das Kaffeedosen Portfolio für Deinen erfolgreichen Vermögensaufbau nutzen?
- Welche Limitierungen hat diese Anlagestrategie und wo solltest Du besser vorsichtig sein?
Hier geht es zum Podcast:
Was ist der Ursprung vom Kaffeedosen Portfolio?
Kaffeedosen waren im Wilden Westen der USA beliebt, um seine Habseligkeiten vor Dieben zu schützen und zu verstecken. Das Bankensystem war noch nicht weit verbreitet, also packten die Menschen ihre Wertsachen in Kaffeedosen, die sie dann zum Beispiel unter der Matratze versteckten. Dort blieben die Dosen oft viele Jahre lang liegen, bis die Menschen ihre Wertgegenstände benötigten.
Das Kaffeedosen-Portfolio oder auch das Kaffeedosen-Investieren geht auf den Vermögensverwalter Robert G. Kirby zurück, der den Begriff in einem Aufsatz im Jahr 1984 prägte.
Kirby hatte eine Mandantin, deren Geld er verwaltete. Nach dem Tod ihres Mannes bat sie ihn darum, auch sein Portfolio für sie zu managen. Dabei stellte Kirby fest, dass der Mann ein deutlich größeres Vermögen als seine Frau hatte. Und etwas verwundert bemerkte Kirby, dass der Mann die gleichen Wertpapiere wie seine Frau hatte.
Was war geschehen, fragte er sich?
Als Vermögensverwalter hatte Kirby jahrelang für seine Mandantin Aktien gekauft. Und wie sich herausstellte, kaufte ihr Ehemann jedes mal die gleichen Aktien für einen Betrag von 5.000 Dollar.
Kirby verkaufte viele Aktien allerdings irgendwann wieder, meist mit Gewinn. Der Mann allerdings behielt die Aktien in seinem Portfolio. Einmal gekauft, machte er nichts damit.
Als der Mann zehn Jahre später verstarb, waren ein paar der Aktien auch um die Hälfte oder noch mehr im Kurs gefallen. Es gab aber auch Aktien, die von 5.000 Dollar auf über 100.000 Dollar im Wert gestiegen waren.
Das beeindruckte Kirby. Er selbst hat in der Zeit munter mit Aktien gehandelt. Der Mann wiederum kaufte eine Aktie und dann vergaß er sie.
Mit diesem Ansatz, mit diesem Kaffeedosen-Portfolio schaffte es der Amateur, eine deutlich bessere Rendite zu erzielen, als der Profi. Und ohne es zu wissen war der Mann damit Vorreiter des passiven Investierens, das uns auch in diesem Podcast schon öfters begegnet ist, zum Beispiel in Ausgabe 22 über passives Investieren mit ETFs.
Beim Investieren liegt in der Ruhe die Kraft
In Ausgabe 19 über das wichtigste Wort an der Börse, da zitierte ich den bekannten Börsenspruch “hin und her macht Taschen leer”. Das meint, dass wir Aktien nicht übermäßig stark handeln, also andauernd kaufen und verkaufen sollten.
Aktivität ist an der Börse kein Selbstzweck und resultiert nicht unbedingt in einer besseren Rendite. Zudem kostet das Handeln an der Börse Geld, zum Beispiel Gebühren oder auch Steuern, die beim Verkauf einer Aktie mit Gewinn anfallen.
Und durch die anfallenden Steuern und Gebühren verringert sich der neu anzulegende Betrag. Steuern fallen natürlich auch an, wenn Du Deine Wertpapiere zu einem späteren Zeitpunkt mit Gewinn verkaufst. Aber bis dahin kannst Du das Geld weiter für Dich arbeiten und sich vermehren lassen, anstatt es dem Finanzamt zu geben.
Wenn man zudem noch die Dienste von professionellen Fondsmanagern oder Vermögensverwaltern in Anspruch nimmt, dann fallen weitere signifikante Kosten an, wie in Ausgabe 22 dargelegt.
Dieser Meinung war auch Kirby. Der sagte sinngemäß:
„Es ist eine Tatsache und wenig überraschend, dass die professionellen Vermögensverwalter im Laufe der Jahre ein mageres Gesamtergebnis erzielt haben.”
Und er fuhr fort:
“Geldverwalter erzielen jedes Jahr Provisionen, die deutlich über 1% ihres verwalteten Vermögens liegen, was mit dem Wort ‚Investment‘ überhaupt nicht vereinbar ist.“
Investieren mit dem Kaffeedosen Portfolio ist im Prinzip „buy and hold“
In den meisten Fällen ist es vielmehr sinnvoll, langfristig zu denken und mit einem passiven und breitgestreuten Portfolio über einen langen Zeitraum zu investieren. Und das Kaffeedosen-Investieren ist im Prinzip nichts anderes. Der Begriff hierzu ist “buy and hold”, zu Deutsch “kaufen und halten”.
Das kann man zum Beispiel mit ETFs machen. Das Kaffeedosen-Portfolio ist in seiner reinen Form der gleiche Ansatz nur mit Einzelaktien.
Und manche Investoren nutzen das Sinnbild der Kaffeedose auch bewusst, um sich zu disziplinieren und einmal gekaufte Wertpapiere wirklich langfristig zu halten und nicht dem schnellen Handeln zu verfallen. Denn Anleger sind erfahrungsgemäß notorisch schlecht darin, die Finger von ihrem Portfolio zu lassen.
Das liegt einerseits an der immerzu aufgeregten Finanzberichterstattung und an unserem kurzfristigen Denken und dem Drang, die Rendite durch Aktivität hochzutreiben, was in der Regel nicht gelingt.
Also während im Wilden Westen die Kaffeedose die Ersparnisse vor Banditen schützen sollte, schützt die sprichwörtliche Kaffeedose beim Kaffeedosen-Investieren vor einem selbst, damit der in Folge 11 beschriebene Zinseszins seine wunderbare Kraft entfalten kann.
Oder wie es der Investor Seth Klarman ausdrückt:
„Der größte Vorteil, den ein Anleger haben kann, ist eine langfristige Orientierung.“
Wie funktioniert erfolgreiches Investieren mit dem Kaffeedosen Portfolio?
Wenn man in ein Kaffeedosen-Portfolio investieren möchte, also mit Einzelaktien und nicht mit ETFs, dann liegt der Schlüssel darin, welche Aktien in die Kaffeedose kommen. Bei einem ETF kauft man den Markt oder große Marktsegmente in seiner Breite.
Wie in diesem Blog bzw. Podcast schon öfters besprochen: Bei Einzelaktien ist es wichtig, dass es sich um qualitativ hochwertige Aktien bzw. Unternehmen handelt.
Das entspricht dem Ansatz von Warren Buffett. Der sagt:
„Wenn wir Anteile an herausragenden Unternehmen mit herausragendem Management besitzen, dann ist unsere bevorzugte Haltedauer ewig.“
Eine Qualitätsaktie zeichnet sich dadurch aus, dass sie fundamental stark ist.
Das bedeutet in der Regel, dass das Unternehmen bzw. seine Produkte nicht den aktuellen Hype bedient, sondern langfristig am Markt etabliert ist.
Das Unternehmen sollte ein kontinuierliches Umsatzwachstum, über einen langen Zeitraum eine hohe Profitabilität und keine hohen Schulden aufweisen. Es sollte über signifikante Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz verfügen und nachhaltige gefragte Produkte anbieten. Es sollte über ein vertrauensvolles Management verfügen, das mit dem Geld der Anteilseigner sorgsam umgeht. Und es sollte über eine angemessene Bewertung verfügen, wie zum Beispiel in Folge 31 über das Kurs-Gewinn-Verhältnis KGV erläutert.
Ein solches Unternehmen bzw. eine solche Aktie zu identifizieren, das ist Arbeit und das ist nicht leicht. Ich möchte Dich nicht davon abhalten, aber Du solltest Dir darüber im Klaren sein, was das bedeutet. Und vielleicht ist es für Dich ratsam, die langfristige Philosophie des Kaffeedosen-Portfolios zu verfolgen, aber anstatt auf Einzelaktien auf ETFs zu setzen.
Damit wären wir bei den Nachteilen des Kaffeedosen Portfolios.
Ein Kaffeedosen-Portfolio lebt vom Prinzip “buy and hold”. Also einmal gekaufte Aktien bleiben langfristig in Deinem Portfolio liegen. Das ist grundsätzlich ein sehr guter Ansatz, bedingt aber wie bereits erläutert, dass die Kaffeedose gute Aktien enthält.
Wenn Du ein Kaffeedosen-Portfolio erstellst, dann ist das nicht ohne Arbeit. Einmal gekauft, sollst Du die Aktien liegen lassen, damit der Zinseszins über einen langen Zeitraum wirkt.
Aber initial, bei der Auswahl der Aktien, musst Du ordentlich Zeit und Arbeit investieren. Du musst das Unternehmen detailliert analysieren und das benötigt ebenfalls Fachwissen.
Und auch unser Drang zum kurzfristigen Denken macht diesen langfristigen Ansatz mit Einzelaktien nicht trivial.
Wenn ich einen breitgestreuten ETF kaufe, dann kann ich mich daran orientieren, dass sich der Markt insgesamt historisch betrachtet über einen langen Zeitraum positiv entwickelt hat.
Beim Kaffeedosen-Portfolio mit Einzelaktien würde ich idealerweise auch nach zum Beispiel Branchen und Regionen diversifizieren.
Doch vermutlich werden einige der Aktien zwischendurch richtig abschmieren. Und das Ergebnis, also ob ich erfolgreich oder nicht erfolgreich investiert habe, sehe ich erst nach vielen Jahren.
Ich muss also insgesamt ein hohes Vertrauen darin haben, dass ich bei der Auswahl der enthaltenen Aktien einen guten Job gemacht habe.
Oder ich stelle mir zwischendrin die Frage, eine Aktie doch wieder aus dem Portfolio zu schmeißen. Das konterkariert zwar die Philosophie des Investierens mit dem Kaffeedosen Portfolio, wäre aber vielleicht trotzdem die richtige Entscheidung. Das müsste ich dann bewerten.
Zusammengefasst lässt sich zum Investieren mit dem Kaffeedosen Portfolio sagen:
Das Kaffeedosen-Portfolio ist quasi ein Vorreiter des passiven Investierens und vereint Qualitäten, die wir auch bei anderen bewährten Anlagestrategien sehen können: Ein langfristiger Ansatz mit qualitativ hochwertige Aktien, die Kosten niedrig halten und von der Kraft des Zinseszins profitieren – das sind alles richtige Dinge.
Deswegen erfreut sich das Kaffeedosen-Portfolio auch bei vielen Investoren großer Beliebtheit.
Ich persönlich bin nicht davon überzeugt, dass die aktive Auswahl von Einzelaktien für viele Anleger eine gute Idee ist. Und ich habe auch meine Zweifel, dass das Prinzip “einmal kaufen und gar nicht mehr draufgucken” bei Einzelaktien wirklich ratsam ist.
Das Kaffeedosen Portfolio mit ETFs?
Meiner Meinung nach ist es in vielen Fällen sinnvoller, einen leicht abgewandelten Weg zu gehen und statt auf Einzelaktien auf ETFs zu setzen und somit breitere Marktsegmente abzudecken.
Falls Du es trotzdem mit Einzelaktien versuchst, dann wäre eine Überlegung, ein Portfolio von mindestens 10 eher 15 Werten aufzubauen, geografisch und hinsichtlich Branchen breit zu diversifizieren und vielleicht nicht Dein ganzes Geld in dieses Portfolio zu investieren, sondern das eher als Beimischung zu machen.
Ich persönlich würde mich auf lang etablierte Marktführer in ihrer jeweiligen Branche konzentrieren. Ich würde keine zu kleinen Unternehmen nehmen, sondern eher zu globalen Champions mit einer signifikanten Marktkapitalisierung tendieren und die Unternehmen nach den zuvor genannten Qualitätskriterien abklopfen.
Und egal ob mit ETFs oder Einzelaktien gilt wie immer bei langfristigen Investitionen, dass Du auch einen wirklich langfristigen Zeithorizont benötigst. Die Börse entwickelt sich in Zyklen, da kann es auch mal turbulent zur Sache gehen, die Kurse können in den Keller gehen.
Wenn Du in zwei Jahren Dein Geld benötigst und die Kurse sind zu der Zeit im Keller, dann war diese Strategie schon von Anfang an falsch. Insgesamt hat sich der Markt historisch betrachtet über einen langen Zeitraum positiv entwickelt. Bei Einzelaktien ist das nicht unbedingt der Fall, wie Du zum Beispiel in Ausgabe 14 über die erste Regel des Investierens nochmal nachhören kannst.
PS: Das Beitragsbild ist in Louisiana entstanden.