Aktienrückkäufe – Top oder Flop für Investoren?

Geld Podcast

Sind Aktienrückkäufe für Investoren gut oder schlecht?

Das wird manchmal etwas kontrovers diskutiert. Vielleicht hast auch Du Dich bereits gefragt, was es mit Aktienrückkäufen auf sich hat und ob sie eine gute Sache sind oder eben nicht.

Darum geht es in dieser Ausgabe:

  • Was sind Aktienrückkäufe?
  • Wie sind sie zu bewerten, also sollten sie eher positiv oder kritisch gesehen werden?
  • Wie kannst Du als Investorin bzw. als Investor auf das Thema Aktienrückkäufe blicken?

 

Hier den Podcast anhören und kostenlos abonnieren:

Aktienrückkäufe sind genau das, was der Name suggeriert, nämlich ein Unternehmen kauft seine eigenen Aktien am Aktienmarkt zurück.

Wenn ein Unternehmen Aktien zurückkauft, dann sind weniger Aktien des Unternehmens im Markt.

Das bedeutet: Durch den Aktienrückkauf steigen der Gewinn, die Dividende – also, sofern eine gezahlt wird – und der Stimmrechtsanteil pro Aktie bei den verbliebenen Aktien. Das wiederum macht die verbliebenen Aktien attraktiver. Wenn sich Gewinne, Dividende und Stimmrechte auf weniger Aktien verteilen, dann sind diese mehr wert. 

Oder anders dargestellt: Die Anzahl der Aktien eines Unternehmens multipliziert mit dem Aktienkurs ergibt die Marktkapitalisierung des Unternehmens. Das meint den Betrag, mit dem der Markt das Unternehmen bewertet. Und wenn es weniger Aktien des Unternehmens gibt, die Bewertung des Unternehmens aber unverändert bleibt, dann steigt der Aktienkurs der verbliebenen Aktien.

Die Idee ist, dass der Aktienkurs durch Aktienrückkäufe steigt. 

Damit sind wir beim Thema, warum Unternehmen Aktien zurückkaufen. 

Als Aktionärin bzw. Aktionär, auf English Shareholder, bist Du Anteilseigner des Unternehmens, dessen Aktien Du besitzt. Dir gehört also ein Teil des Unternehmens. Das Management des Unternehmens wiederum ist von den Aktionären, den Anteilseignern, damit beauftragt das Unternehmen zu führen und auch den Wert für die Aktionäre zu steigern. Das Stichwort ist Shareholder Value. 

Shareholder Value ist ein zuweilen etwas emotional aufgeladener Begriff. Zum Beispiel wenn der Shareholder Value über alles andere gestellt wird und ein Unternehmen sich gegenüber Beschäftigten oder der Umwelt unethisch verhält, um den Shareholder Value zu maximieren.

Das ist eine größere Debatte, die ich in dieser Folge nicht führen kann. Nur so viel: Wenn ich von Shareholder Value spreche, dann meine ich keinen Wild-West-Kapitalismus, bei dem sich Unternehmen und Aktionäre auf Kosten aller bereichern. 

Ich meine die Verpflichtung des Managements, ein Unternehmen gut zu führen und Mehrwert für die Anteilseigner, also die Inhaber des Unternehmens, zu schaffen. 

Durch Aktienrückkäufe wird der Shareholder Value erhöht. 

Wenn ein Unternehmen Aktien zurückkauft, dann reduziert sich die Anzahl der im Markt befindlichen Aktien, der Gewinn je Aktie wird erhöht, der Aktienkurs steigt. 

Ein weiterer Grund für Aktienkäufe ist die Rückführung von überschüssigem Kapital an die Aktionäre. Was meine ich damit?

Ein Unternehmen hat Kunden, denen es Produkte oder Dienstleistungen verkauft und idealerweise erzielt das Unternehmen damit einen Gewinn. Der Gewinn ist notwendig, um das Geschäft am laufen zu halten. Also um Mitarbeiter zu bezahlen, Materialien einzukaufen, um die eigenen Produkte zu bewerben etc. 

Der Gewinn wird aber ebenso für die Zukunft des Unternehmens verwendet, also für Anschaffungen und Investitionen. Vielleicht muss eine neue Maschine finanziert werden oder es wird in ein neues Produkt investiert oder in einen neuen Markt expandiert. Auch das kostet Geld. 

Und die Frage ist, was mit dem überschüssigen Geld passiert. Also dem Geld, das nach Abzug der operativen Kosten, Anschaffungen und Investitionen übrig ist. Dieses Geld gehört den Anteilseignern und das fordern sie ein. 

Ein Unternehmen hat zwei Möglichkeiten, überschüssiges Geld den Aktionären zukommen zu lassen

Durch die Zahlung von Dividenden, also die Ausschüttung von Geld an die Aktionäre, oder eben durch Aktienrückkäufe, womit sich wie besprochen der Wert der verbliebenen Aktien erhöht. 

Befürworter von Aktienrückkäufen argumentieren üblicherweise mit Steuervorteilen, niedrigen Transaktionskosten und einer hohen Flexibilität von Aktienrückkäufen gegenüber Dividenden.

Über Dividenden habe ich bereits ausführlicher gesprochen. Das kannst Du in Ausgabe 20 über Tipps für Dividendenjäger nochmal nachhören. 

Ein dritter Grund für Aktienrückkäufe wäre es, am Aktienmarkt Selbstbewusstsein auszustrahlen. 

Das Management ist der Meinung, dass sich das Unternehmen den Aktienrückkauf leisten kann, da es die dafür notwendigen finanziellen Mittel nicht anderweitig benötigt. Überhaupt erwartet man für die Zukunft eine sehr gute Entwicklung des Unternehmens, in deren Folge der Aktienkurs und somit die Marktkapitalisierung steigen werden. 

Das Management sendet die Botschaft an den Markt: Wir halten unsere Aktie für unterbewertet. Der Kauf unserer Aktie ist eine hervorragende Möglichkeit, unser überschüssiges Geld einzusetzen. Und dieser dritte Grund kann valide sein. Das ist zugleich aber auch ein Punkt, der zuweilen kontrovers diskutiert wird. 

Damit sind wir bei den Argumenten, die gegen Aktienrückkäufe sprechen können.

Unterm Strich gibt es drei Punkte, die Kritiker an Aktienrückkäufen monieren.

Der erste Punkt ist, dass der Rückkauf von Aktien eine schlechte Nutzung der finanziellen MIttel eines Unternehmens darstellt oder zumindest sein kann. Dabei wird kritisiert, dass Aktienrückkäufe keinen Mehrwert für das Unternehmen schaffen, aber begrenzte Ressourcen verschlingen.

Was für A ausgegeben wird, steht für B nicht zur Verfügung. Also die finanziellen Mittel für Aktienrückkäufe könnten an anderer Stelle fehlen. Wenn das Unternehmen Geld für Aktienrückkäufe ausgibt, könnten Dinge wie die Rückzahlung von Schulden vernachlässigt werden. 

Notwendige oder auch vielversprechende Investitionen werden vielleicht nicht getätigt oder es wird an Forschung und Entwicklung gespart, was dem Unternehmen langfristig schaden kann.

Der zweite Kritikpunkt an Aktienrückkäufen

Aktienrückkäufe stehen für kurzsichtiges Denken und nicht für langfristigen Werterhalt, so die Kritik.

Der Aktienkurs erfährt kurzzeitig einen Boost, aber die langfristige Perspektive des Unternehmens wird vernachlässigt. Und die durch einen Aktienrückkauf verursachte Kurssteigerung muss nicht nachhaltig sein. Somit fließt Geld aus dem Unternehmen ab, der Shareholder Value wird aber gar nicht erhöht. 

Womöglich wird das Management durch Bonuszahlungen für eine kurzfristige Kurssteigerung belohnt, die den Aktionären aber langfristig schaden. Das Management verfolgt also ein anderes Interesse als die Anteilseigner. 

Der dritte Kritikpunkt an Aktienrückkäufen

Aktienrückkäufe sind allzu oft ein Indiz, dass dem Management die Ideen ausgehen. Dass man keine vielversprechenden Investitionsmöglichkeiten sieht und das überschüssige Geld mangels Alternativen an die Anteilseigner auszahlt. 

Das könnte auch ein Anzeichen dafür sein, dass der Markt des Unternehmens gesättigt und das zukünftige Wachstum eher überschaubar ist. Vielleicht engagiert sich das Management auch nur in Aktienrückkäufen als Kurspflege, um den Aktienkurs künstlich zu stützen und von grundlegenden Problemen abzulenken. 

Was machen wir jetzt mit diesen Informationen über Aktienrückkäufe?

Sowohl Befürworter als auch Kritiker haben gewichtige Argumente auf ihrer Seite. Da betritt ein Held die Bühne, der uns in diesem Podcast schon öfters begegnet ist: Warren Buffett

Buffett ist ein großer Befürworter von Aktienrückkäufen – unter bestimmten Umständen. Und seit den 80er Jahren hat er sich wiederholt in seinen berühmten Shareholdern Lettern, also den Briefen an seine Aktionäre, diesem Thema ausführlich und auch abwägend gewidmet. 

1984 schrieb Buffett über sein Verständnis der grundsätzlichen Logik von Aktienrückkäufen. Und er stellte fest, dass wenn ein hervorragendes Unternehmen mit einem komfortablen Finanzpolster günstig bewertet ist und das Management kauft daraufhin die eigenen Aktien zurück, dann ist das aus Sicht der Anteilseigner eine gute Sache und kommt dem Shareholder Value zugute.

Ein zentraler Aspekt ist die Capital Allocation oder zu Deutsch die Verwendung von Kapitalmitteln. 

Buffett widerspricht der pauschalen Kritik, dass Aktienrückkäufe eine schlechte Verwendung von Kapitalmitteln seien und dass sie zukunftsweisende Investitionen und Übernahmen verhindern. 

Aus seiner Sicht geht es im Kern um den intrinsischen Wert des Unternehmens, also den Betrag, den ein Unternehmen wirklich wert ist. Kurz zur Einordnung: Der intrinsische Wert besagt, was das Unternehmen rein rechnerisch Wert ist. Dieser Wert kann vom Marktwert, also dem Wert, zu dem das Unternehmen an der Börse gehandelt wird, abweichen.

Und den intrinsischen Wert gilt es zu steigern. Doch all zu oft treffen Manager schlechte Entscheidungen über die Verwendung von Kapitalmitteln und damit schaden sie dem intrinsischen Wert. 

Was meint das konkret?

Ein gutes Unternehmen wird zwangsläufig mehr Geld generieren, als es für die Aufrechterhaltung des laufenden Geschäfts benötigen wird. Und dann stehen Manager vor der Entscheidung, was sie mit dem überschüssigen Geld machen. 

Sie könnten es wie zuvor beschrieben durch Aktienrückkäufe oder Dividenden an die Aktionäre zurückgeben. 

In solchen Situationen fragen sie aber gerne ihren Stab aus Strategen, Beratern oder Investmentbankern, welche Akquisitionen für das Unternehmen denn nun sinnvoll seien, also welche Unternehmen oder Geschäfte von dem Unternehmen gekauft werden könnten.. 

Laut Buffett sei das, als ob man seinen Innenausstatter fragt, ob man einen Teppich für 50.000 Dollar kaufen solle. Der findet die Idee natürlich großartig. 

Das Problem ist nun, dass viele Top-Manager da sind, wo sie sind, weil sie sind, wie sie sind. Damit meint er auch Charaktereigenschaften wie Angriffslust und ein übermäßig großes Ego. Diese Eigenschaften können für einen Manager durchaus von Vorteil sein, sie sind aber nicht ungefährlich. 

Dieser Manager wird nun von seinen Beratern dazu ermutigt, irgendwelche Deals abzuschließen und Firmen zuzukaufen, also sein Reich zu vergrößern. Dabei braucht er im Zweifelsfall seine Berater als Korrektiv, um seine Überlegungen zu challengen.

Ein Beispiel wäre der Kauf von Monsanto durch Bayer. Trotz hoher Risiken schien der Bayer-Vorstandsvorsitzende alles besser zu verstehen als die Kritiker. Und die Akquisition des Saatgutherstellers führte Bayer in große Probleme, Stichwort Glyphosat. 

Und unterm Strich sieht man immer wieder, dass durch schlechte Zukäufe und zweifelhafte Investitionen Werte vernichtet werden, wo eine Wertsteigerung durch Aktienrückkäufe opportun gewesen wäre. Dieser Punkt relativiert zumindest die Kritik an Aktienrückkäufen, dass das überschüssige Kapital sinnvoll anderweitig eingesetzt werden kann – das wird es häufig nämlich nicht.

Geht es nach Buffett, dann werden Aktienrückkäufe nicht zur Unterstützung des Aktienkurses genutzt. 

Für ihn ist ein Aktienrückkauf einzig eine logische Überlegung. Und dabei fokussiert er die verbleibenden Shareholder.

  • Wenn das Unternehmen Aktien für mehr als den intrinsischen Wert erwirbt, dann zahlt es zu viel. Dann profitieren nur die Aktionäre, die die Aktie verkaufen.
  • Wenn das Unternehmen Aktien unterhalb des intrinsischen Wertes erwirbt, dann ist das im Interesse der verbleibenden Shareholder, denen wiederum das Management verpflichtet ist.

Im Jahr 2011 präzisierte er seine Haltung, als er schrieb, dass er Aktienrückkäufe grundsätzlich befürwortet, wenn zwei Kriterien gegeben sind:

  1. Das Unternehmen hat genügend finanzielle Mittel und Liquidität für das eigene Geschäft 
  2. Die Aktie wird deutlich unterhalb des konservativ kalkulierten intrinsischen Wertes gehandelt.

2023 hat das Thema Aktienrückkäufe nochmal an Fahrt aufgenommen. 

Stand Mitte Februar lagen zumindest in den USA die Aktienrückkäufe mit über 220 Milliarden US-Dollar auf einem Rekordhoch.  Und für das Gesamtjahr wird allein für den amerikanischen Index S&P 500 ein Gesamtvolumen von über 1 Billion US-Dollar erwartet, was ebenfalls Rekord wäre.

Das schürt wieder die Debatte über Aktienrückkäufe an, über ihren Sinn und Unsinn oder auch ob Aktienrückkäufe nicht stärker besteuert werden sollten. 

Natürlich gibt es Negativbeispiele für Aktienrückkäufe. 

2007 kaufte Lehman Brothers eigene Aktien im Wert von 2,6 Millarden US-Dollar zurück, im ersten Halbjahr 2008 nochmal weitere knapp 1,5 Millarden US-Dollar. Sechs Monate später war das Unternehmen pleite.

Doch Anekdoten helfen hier nur bedingt. 

Vielleicht hast Du eine klare Haltung dazu, ob Aktienrückkäufe für Dich als Anleger nun sind sinnvoll oder nicht. Vielleicht fällt Dir die Bewertung auch nicht so leicht. Ich finde Buffetts Logik für Aktienrückkäufe unterm Strich überzeugend: 

Wenn Aktien unterhalb des intrinsischen Wertes zurückgekauft werden, dann profitieren die bestehenden Aktionäre. Wenn der Preis zu hoch ist, dann ist dies zum Schaden der bestehenden Aktionäre, während ehemalige Aktionäre zu einem für sie guten Preis verkaufen konnten.

Letztlich sind Aktienrückkäufe nur das Spiegelbild eines Aktienverkaufs durch ein Unternehmen

Wenn ein Unternehmen eigene Aktien zu einem niedrigen Preis verkauft, schadet dies den bereits bestehenden Aktionären, neue Aktionäre profitieren. Und umgekehrt.

Der Autor Jason Zweig hat es, wie ich finde, treffend zusammengefasst: 

Aktienrückkäufe sind weder schlecht noch gut. Sie sind ein Werkzeug. Genau so wie man mit einem Hammer einen Nagel in die Wand schlagen oder auch Schaden anrichten kann, können auch Aktienrückkäufe nützlich oder in den falschen Händen gefährlich sein. 

Wenn ein Unternehmen, in das Du investiert bist, Aktienrückkäufe ankündigt, dann hast Du als Investorin bzw. als Investor die Wahl: Du kannst dem Unternehmen Deine Aktien verkaufen, oder Du behältst sie. 

Es kommt wirklich auf die individuelle Situation des Unternehmens an, also auf die Bewertung und ob das Management das Geld anderweitig sinnvoll investieren kann. Wobei die Frage vielversprechender Investitionen oft kritisch zu bewerten ist.

Nochmal Jason Zweig. Der schrieb: Man sollte nicht davon ausgehen, dass ein großer Batzen Geld kein Loch in die Taschen eines CEO brennt. Das ist, wie wenn man rohes Fleisch vor einem Löwen drapiert und davon ausgeht, dass es nicht verschwinden wird. 

PS: Das Beitragsbild ist in den Alpen entstanden.

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