Der Notgroschen oder die Frage: Wie viel Geld sollte man abseits des grundsätzlichen Sparens und der langfristigen Geldanlage beiseite legen? Warum sollte man dies überhaupt tun? Und wie sollte man den Notgroschen verwahren?
Hier geht es zum Podcast:
Seinen Ursprung hat der Notgroschen im 16. Jahrhundert.
Und zwar ließ Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, den sogenannten Lösetaler oder auch Notpfennig prägen und er befahl, dass jeder seiner Untertanen eine solche Münze als Rücklage für schlechte Zeiten oder für unvorhergesehene Notsituationen besitzen solle.
Daran hat sich im Prinzip bis heute nichts geändert – der Notgroschen ist zwar nicht verpflichtend, wohl aber empfehlenswert, um plötzliche Ausgaben zu stemmen oder finanzielle Engpässe zu überwinden.
Das können bspw. die Kosten für eine neue Waschmaschine, wenn das alte Gerät den Geist aufgibt. Wenn das Fahrrad gestohlen und ersetzt werden muss oder wenn eine Nebenkosten-Nachzahlung fällig ist.
Und die Idee des Notgroschens ist es, dass wir die finanzielle Not in einer solchen Situation abmildern.
Diese finanzielle Rücklage ist also eine Versicherung.
Der Notgroschen sichert uns finanziell ab. Durch den Notgroschen bleiben wir auch in schwierigen Zeiten finanziell flexibel und handlungsfähig. Also wenn wir dringend Geld benötigen, dann verhindert der Notgroschen, dass wir uns für diesen kurzfristigen Finanzbedarf verschulden, also dass wir unser Konto überziehen oder einen Kredit aufnehmen. Das wäre ganz schön teuer.
Beziehungsweise um das einzuordnen: Wenn man sein Konto mal für 1-2 Wochen ein bisschen überzieht, dann ist das kein Beinbruch. Das sollte man natürlich möglichst nicht machen. Aber vor allem sollte man das Konto nicht zu sehr und zu lange überziehen.
Wenn wir bei einem kurzfristigen Finanzbedarf keinen Notgroschen haben, dann könnte es ebenfalls passieren, dass wir unseren Sparplan unterbrechen oder Wertpapiere verkaufen, vielleicht sogar solche, deren Kurs gerade im Keller ist. Das würde unsere langfristigen finanziellen Ziele torpedieren. Also der Notgroschen schützt auch unsere langfristigen finanziellen Interessen. Und damit ist er in meinen Augen ebenfalls Bestandteil unserer Geldanlage und des richtigen Umgangs mit den eigenen Finanzen.
Und selbst wenn wir ihn gar nicht benötigen, wenn der Fall der Fälle gar nicht eintritt, was ja wünschenswert ist, so kann uns der Notgroschen auch innere Beruhigung verschaffen. Die Gewissheit, dass wir im Zweifelsfall nicht dumm dastehen.
Er hilft uns also, Stress zu vermeiden und gelassen zu reagieren, wenn wir uns mit finanziellen Herausforderungen konfrontiert sehen.
Wie hoch sollte die finanzielle Rücklage nun sein?
Wie viel Geld, wie viel Notgroschen sollte man für finanzielle Notfälle vorhalten? Diese Frage zu beantworten ist gar nicht so leicht.
In Folge 36 So erhöhst Du Deine Sparquote sagte ich, dass man laut einer bekannten Faustformel das dreifache Nettomonatseinkommen als Sicherheitspolster zur Seite legen sollte. Dieser Wert bzw. dieser Tipp ist im Prinzip auch richtig. Allerdings sind solche allgemeinverbindlichen Regeln naturgemäß auch immer sehr allgemein gehalten.
Unsere Lebensumstände sind aber nunmal verschieden. Bei der Beantwortung der Frage, wie hoch der Notgroschen sein sollte, sind meiner Meinung nach gar nicht so sehr die monatlichen Einnahmen, sondern die monatlichen Kosten, die finanziellen Möglichkeiten und auch die individuellen Bedürfnisse entscheidend. Also, wenn Du beruflich auf ein Auto angewiesen bist, dann solltest Du das einkalkulieren.
Eine weitere Frage betrifft das Sicherheitsbedürfnis und die eigene Lebenssituation. Beides sind Dinge, die individuell von Mensch zu Mensch grundverschieden sein können.
Als festangestellter Single habe ich womöglich wenig finanzielle Verpflichtungen und kein sehr großes finanzielles Sicherheitsbedürfnis. Dann liegt mein Fokus vielleicht mehr auf dem langfristigen Vermögensaufbau als auf der kurzfristigen Absicherung.
Wenn ich hingegen selbständig tätig und zudem der Alleinernährer meiner Familie bin, dann kann die Sache anders aussehen. Dann kann sich ein finanzieller Engpass vielleicht schneller zu einem ernsten Problem mausern. Dafür will ich gewappnet sein.
Die Frage ist ebenfalls, welche Fälle der Notgroschen überhaupt abdecken soll, also wie weit er mich absichert. Und für wie lange.
Eine kaputte Waschmaschine ist eine Sache. Wenn der Notgroschen aber ebenfalls bei tiefgreifenden Erschütterungen und Schicksalsschlägen wie einer Krankheit oder einem Unfall als auch beim Jobverlust helfen soll, dann ist das etwas ganz anderes.
Wenn der Notgroschen mich bspw. bei Arbeitslosigkeit absichern soll, ich also kein Arbeitseinkommen mehr generiere, dann muss ich einerseits meinen Finanzbedarf, meine monatlichen Ausgaben kennen. Da wären wir beim Haushaltsbuch aus Folge 1 über die ersten Schritte der Geldanlage.
Und manche planen so, dass man die Lebenshaltungskosten mit dem Notgroschen im Zweifelsfall ein halbes Jahres tragen kann. Das mag eine legitime Überlegung sein. Das erfordert aber auch eine sehr hohe Rücklage, was nicht für jeden möglich oder unbedingt erstrebenswert ist.
Ich sehe den Notgroschen in erster Linie als kurzfristige Hilfe vor allem bei ungeplanten Kosten und weniger zur Absicherung der Lebenshaltungskosten über einen längeren Zeitraum.
Das sprengt an dieser Stelle den inhaltlichen Rahmen, aber wenn Du Dich und Deine Angehörigen wirklich finanziell absichern möchtest, dann ist das in meinen Augen nicht nur ein Thema des Notgroschens.
In finanziellen Notfällen reicht der Notgroschen allein vielleicht nicht.
Dann könnten Versicherungen ebenfalls ein wichtiger Aspekt sein. Und das Thema geht über den besprochenen Verdienstausfall hinaus. Das kann ebenfalls plötzlich auftretende höhere Kosten betreffen.
Angenommen, Du besitzt ein Haus, Wasserrohrbruch, großes Chaos. Dann kannst Du als Eigentümer nicht den Vermieter anrufen, der sich um alles kümmert und die Reparaturkosten trägt.
In einer solchen Situation kann der Notgroschen natürlich helfen. In vielen Fällen wäre das aber eher ein Fall für die Instandshaltungsrücklage über die ich in Folge 43 über Immobilienfinanzierung gesprochen habe.
Kommen wir nochmal zur Frage des Finanzbedarfs
Das ist die Frage, welche Kosten muss ich jeden Monat schultern und wie hoch sollte die finanzielle Rücklage dann sein, wenn ich diesen Finanzbedarf zumindest kurzfristig durch den Notgroschen absichern möchte?
Meine monatlichen Kosten kann ich über das zuvor erwähnte Haushaltsbuch ziemlich genau identifizieren und die bestehen aus Fixkosten und aus variablen Kosten.
Fixkosten fallen, wie der Name sagt, fix an. Das wäre zum Beispiel die Miete oder auch Versicherungen. Dazu kann man allgemein festhalten, dass je höher die Fixkosten sind, desto höher muss auch der Notgroschen sein. Daraus kann man auch den Schluss ziehen, dass man die Fixkosten immer wieder kritisch überprüfen sollte, dass man sie nicht zu sehr anwachsen lässt und auch nach Wegen sucht, sie zu reduzieren.
Die variablen Kosten richten sich nach Deinem tatsächlichen Konsum, also bspw. Lebensmittel oder Kleidung. Und für die Berechnung des benötigten Notgroschens könnte man diejenigen variablen Kosten streichen, die man sich in einer Notsituation zumindest teilweise sparen würde. Das wäre bspw. Deine monatliche Sparrate bzw. Anders ausgedrückt: Es ergibt wenig Sinn, den von Dir monatlich gesparten Betrag als Notgroschen vorzuhalten.
Vermutlich würdest Du auch bei manchen Ausgaben etwas auf die Bremse treten, also vielleicht würdest Du weniger Geld für Urlaub ausgeben und auch die Ausgaben für Kleidung und Freizeit würdest Du wahrscheinlich etwas zurückschrauben.
Deine finanziellen Ziele
Die von Dir angestrebte Höhe des Notgroschens kannst Du auch im Spannungsfeld mit Deinen weiteren finanziellen Zielen betrachten.
Das Ansparen eines Notgroschens ist nämlich auch eine Opportunität zum langfristigen Vermögensaufbau. Über Opportunitäten hatte ich in Folge 35 Zeit ist Geld gesprochen: Was Du für A ausgibst, steht Dir für B nicht zur Verfügung.
Also wenn Du einen sehr hohen Notgroschen anstrebst, dann steht Dir weniger Geld für Deinen Vermögensaufbau, für Deine finanziellen Ziele zur Verfügung. Du solltest also Dein Sicherheitsbedürfnis mit Deinen Vermögenszielen in Einklang bringen.
Insgesamt würde ich es aber nicht zu kompliziert gestalten. Es gibt zum Beispiel Stimmen, die dafür plädieren, für den benötigten Notgroschen im Fall des Jobverlustes ebenfalls etwaige Transferleistungen wie Arbeitslosengeld mit einzukalkulieren. Aber das geht schon sehr weit und ist vielleicht nur bedingt relevant, da der Notgroschen ja ebenfalls in Situationen greifen soll, die nicht direkt den Jobverlust betreffen.
Also unterm Strich könnte man sagen: Habe einen Notgroschen, der für Dein Sicherheitsbedürfnis ausreichend ist, der die kleinen finanziellen Engpässe überbrückt und der Dich bei größeren Problemen zumindest übergangsweise absichert.
Wie hoch die finanzielle Rücklage letztendlich ausfällt: Es ist davon auszugehen, dass der Betrag schon etwas höher ist.
Es stellt sich also die Frage, wie man den Betrag beschaffen kann, der lässt sich ja nicht herbeizaubern.
Wenn man Geld anhäufen möchte, dann kann man die Ausgaben reduzieren oder das Einkommen erhöhen. Zur Erhöhung des Einkommens hatte ich in Folge 36 über richtiges Sparen gesprochen. Ausgaben reduzieren bedeutet wie zuvor erwähnt, dass man bei manchen Ausgaben etwas auf die Bremse tritt. Das klingt einigermaßen selbsterklärend.
Vielleicht hast Du ja bereits eine Spar-Routine, zum Beispiel um jeden Monat etwas Geld beiseite zu legen, dass Du langfristig investierst. Hier könntest Du den Notgroschen priorisieren, also das gesparte Geld zunächst für den Notgroschen beiseite legen und sobald Du den angestrebten Betrag zusammen hast, könntest Du Dich wieder dem langfristigen Vermögensaufbau widmen.
Du könntest ebenso kurzfristige Sparmaßnahmen fokussieren oder Deine Sparbemühungen optimieren, um den Notgroschen zu beschaffen.
- Optimierungen wären zum Beispiel die öfters in diesem Podcast besprochenen Maßnahmen, wie die Kündigung teurer Abonnements oder den Wechsel von Versicherungs- oder Energietarifen.
- Eine kurzfristige Fokussierung wäre, dass Du zum Beispiel für einen bestimmten Zeitraum einen gewissen Betrag Deines Budgets für Freizeit oder Kleidung sparst, um den angestrebten Notgroschen anzusparen.
Und falls Du auf der Arbeit bspw. Einen Jahresbonus erhältst, kann dieser ebenfalls komplett oder zum Teil in den Notgroschen fließen.
In jedem Fall würde ich den Notgroschen als erstes angehen, bevor ich den Vermögensaufbau anstrebe. Also erst den Notgroschen, dann das Investieren.
Wenn man den Notgroschen einmal beisammen hat, dann ist die Frage, wie dieser verwahrt wird.
Dazu ist wichtig, dass der Notgroschen jederzeit kurzfristig und auch komplett zur Verfügung steht. Spekulative Investitionen oder Anlagen mit längerer Laufzeit fallen somit weg.
Vereinfacht gesagt, kann man den Notgroschen als Bargeld oder auf dem Girokonto vorhalten. Bei Bargeld sollte man aufpassen, dass dieses sicher verwahrt ist und nicht abhanden kommen kann. Beim Girokonto bietet es sich an, ein separates Konto zu eröffnen, damit der Notgroschen auch nicht aus Versehen angepackt wird oder dass man der Versuchung erliegt, sich unbedacht an ihm zu vergreifen, wenn man eine Ausgabe finanzieren will.
Noch besser geeignet ist meiner Meinung nach ein Tagesgeldkonto. Das ist zumindest im Rahmen der Einlagensicherung sicher und das Geld ist kurzfristig verfügbar.
Gleichzeitig liegt das Geld nicht einfach nutzlos herum, sondern es wird zusätzlich eine Rendite erwirtschaftet, ohne dass das Geld Kursschwankungen wie bspw. Aktien ausgesetzt ist. Weitere Details zum Tagesgeld kannst Du auch nochmal in Folge 62 Tagesgeld oder ETF nachhören bzw. nachlesen.
PS: Das Titelbild ist in Kolumbien entstanden.