Dumb Money und Smart Money, auf deutsch dummes Geld und schlaues Geld. Das mag beleidigend klingen, ist aber eine häufige Begrifflichkeit in der Finanzszene und meint die Unterscheidung zwischen zwei verschiedenen Gruppen von Anlegern.
Dumb Money meint dabei durchschnittliche Privatanleger, während institutionelle Investoren, also Profis wie Fonds Manager, als Smart Money bezeichnet werden. Und der Hintergrund dieser Titulierung ist die Annahme, dass Anlageprofis einen Vorteil gegenüber Privatanlegern haben. Vorteil meint, dass Anlageprofis mehr Informationen über das Geschehen an den Märkten haben. Dass sie Entwicklungen besser einschätzen und somit bessere Anlageentscheidungen treffen können.
Der Durchschnitt der Privatanleger wiederum hat keinen Zugriff auf bestimmte Informationen und Analysen. Möglicherweise fehlt es ihnen auch an Wissen und Erfahrung oder auch an Zeit, die sie auf das Investieren verwenden können. Entsprechend treffen sie eher uninformierte Anlageentscheidungen und sie tätigen Investitionen eher aus dem Bauch heraus.
Doch ist die Unterscheidung zwischen dumb money und smart money wirklich gerechtfertigt? Und was bedeutet das für uns, als Anlegerinnen und Anleger? Also was können wir tun, um keine dumb money Anlageentscheidungen zu treffen?
Hier geht es zum Podcast:
Dumb Money – auch Anlageprofis treffen schlechte Entscheidungen
Nun ist es so, dass auch die vermeintlichen Anlageprofis Fehler machen. Und in der Realität ist ihr Anlageergebnis bezogen auf einen Referenzindex wie zum Beispiel den MSCI World meist unterdurchschnittlich. Darüber hatte ich in Folge 22 über passives Investieren mit ETFs gesprochen.
Tatsächlich schneiden 90% der aktiven Fondsmanager über einen Zeitraum von 10 Jahren nach Kosten schlechter ab als der Markt. Das bedeutet aber nicht, dass der gemeine Privatanleger besser agiert.
Das hatte der Investor und Autor Michael Mauboussin im Jahr 2014 untersucht. Er stellte fest, dass der amerikanische Aktienindex S&P 500 in den 20 Jahren zuvor eine durchschnittliche jährliche Rendite von 9,3% erwirtschaftete. Der durchschnittliche aktiv gemanagte Fonds, also das Smart Money, erzielte 1-1,5 Prozentpunkte weniger.
Aber die Privatanleger, das Dumb Money, lagen nochmal weitere 1-2 Prozentpunkte unter den aktiven Fonds. Unterm Strich erzielten Privatanleger eine Rendite von etwa 60 bis 80% der Marktrendite. Und als Grund für diese schlechte Performance der Privatanleger sieht Mauboussin schlechtes Timing.
Dumb Money – schlechte Anlageentscheidungen von Privatanlegern
Nun mag die Aussage, dass Privatanleger bei ihren Anlageentscheidungen ein schlechtes Timing haben, für regelmäßige Hörerinnen und Hörer dieses Podcasts etwas widersprüchlich klingen. Stichwort Market Timing, über das ich in verschiedenen Episoden gesprochen habe. Market Timing bedeutet, dass man versucht, die Entwicklung von Börsenkursen zu antizipieren und entsprechend zu handeln. Das funktioniert nicht, zumindest nicht auf Dauer.
Wenn Market Timing nun nicht funktioniert, wie können Anlegerinnen und Anleger bei ihren Investitionsentscheidungen dann ein schlechtes Timing haben bzw. Warum erzielen sie aufgrund von schlechtem Timing eine unterdurchschnittliche Rendite?
Viele Menschen neigen dazu, zu sehr ungünstigen Zeitpunkten Aktien zu kaufen bzw. zu verkaufen. Darüber hatte ich in Folge 2 über Bärenmarkt und Börsenbeben gesprochen: Aktien werden nahe des Kurshochs gekauft, wenn immer neue Höchststände locken. Und umgekehrt werden sie verkauft, wenn die Märkte abrutschen.
Tatsächlich wäre es genau andersrum richtig. Man sollte sich antizyklisch verhalten. Kaufen, wenn die Stimmung im Keller ist und die Kurse tief stehen. Verkaufen, wenn Euphorie um sich greift und die Kurse gefühlt immer weiter klettern.
Wobei man dazu einschränkend sagen muss, dass das bei Einzelaktien zwar richtig sein kann, aber da muss man aufpassen. Weil der Grund, warum eine Aktie gefallen oder gestiegen ist, vielleicht nicht richtig eingeschätzt wird und auch die weitere Entwicklung einer Aktie ist für die meisten schwer zu beurteilen.
Bei ETFs, die sich auf große Indizes beziehen, gilt das schon eher, vorausgesetzt man hat einen langen Investment-Zeitraum. Und selbst dann ist das in der Praxis vielleicht nicht gut umzusetzen, weswegen es für Anlegerinnen und Anleger empfehlenswert sein kann, einfach einen Sparplan auf zum Beispiel ETFs aufzusetzen und regelmäßig nachzukaufen. Egal, wie die Kurse im jeweiligen Moment stehen.
Beim Dumb Money sehen wir also, dass
- aktive Fondsmanager zumeist schlechter abschneiden als der Markt und
- Dass Privatanleger zumindest im Durchschnitt nochmal schlechter abschneiden als aktive Fondsmanager.
Und nun könnte man meinen, dass man als Privatanlegerin bzw. Privatanleger, als Dumb Money, wirklich einen Nachteil gegenüber den Profis, den Smart Money, hat. Dem ist aber nicht so.
Tatsächlich ist die Geldanlage eine der wenigen Disziplinen, in der Amateure nicht nur genau so gut, sondern sogar besser abschneiden können als Profis. Institutionelle Investoren haben trotz vermeintlicher Informationsvorteile, trotz mehr Ressourcen und vielleicht auch mehr Erfahrung einige Bedingungen und Einschränkungen, die ihre Handlungsmöglichkeiten begrenzen oder die die Rendite beeinflussen können.
Da wären zum Beispiel die Kosten, über die ich in Folge 22 gesprochen habe. Investment-Profis wollen selbstverständlich für ihre Dienste bezahlt werden. Nur fällt diese Vergütung meist sehr ordentlich aus, was wiederum die Rendite der Kunden eines Fonds, also der Anleger, schmälert.
Es ist auch nicht so, dass Privatanleger schlechtes Verhalten exklusiv haben. Das zuvor angesprochene schlechte Timing bspw., das kann man nicht nur in den Portfolios von Privatanlegern sehen, sondern ebenfalls bei Profis.
Ein weiterer Aspekt ist, dass wenn Fondsmanager erfolgreich investieren und eine überdurchschnittliche Rendite erzielen, dann zieht das üblicherweise weitere Gelder nach sich. Also aufgrund der guten Performance entschließen sich bestehende Anleger dazu, mehr Geld in den Fonds anzulegen oder neue Anleger kommen hinzu.
Damit steigt die Größe des Fonds, die Assets under Management also zu deutsch die verwalteten Gelder. Und das kann für die zukünftige Performance des Fonds zum Problem werden. Weitere Details dazu kannst Du auch nochmal in Folge 24 Finger weg von Star-Investoren nachhören.
Die Frage ist ebenfalls, in welche Wertpapiere Profis überhaupt investieren können und welchen Betrag bzw. Anteil ein bestimmtes Wertpapier haben darf.
Es kann nämlich sowohl praktische als auch rechtliche Beschränkungen geben, in was sie investieren dürfen und in welcher Höhe. Das ist ggf. reguliert. Als Anleger habe ich diese Einschränkungen nicht.
Zudem gibt es insgesamt nur sehr wenige Aktien, die über einen langen Zeitraum überhaupt eine überdurchschnittliche Rendite erzielen. Ein Fondsmanager muss somit
- diese Aktien identifizieren und
- sie über einen langen Zeitraum halten.
Letzteres könnte für ihn schwierig werden, wenn die Aktie zwischendurch schwächelt. Profis müssen permanent abliefern. Sie werden permanent an ihrer Rendite gemessen, also mindestens jährlich, oft jedes Quartal und mitunter sogar täglich.
Als Privatanleger oder Dumb Money habe ich es da entspannter.
Für mich muss nur meine langfristige Rendite stimmen.
Wenn ich mir als Privatanleger, als Dumb Money, zutraue, diese Gewinneraktien zu identifizieren, dann kann ich diese über einen langen Zeitraum halten, unabhängig von der kurzfristigen Entwicklung. Dieses Vorgehen ist in der Regel aber nicht empfehlenswert bzw. das Kunststück, langfristige Gewinneraktien zu identifizieren, das gelingt nur den wenigsten Investoren.
Fondsmanager begegnen diesem Umstand, indem sie oft viele verschiedene Aktien halten. Und diese Streuung auf viele Aktien hilft dem Fondsmanager zwar, das Risiko eines schlechten Investments zu senken. Gleichzeitig erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass er angesichts sehr weniger Gewinneraktien auch sehr viele Nieten im Portfolio hat, was wiederum die Rendite senkt.
Als Privatanlegerin bzw. Privatanleger oder auch Dumb Money kann ich einfach einen passiven Investmentansatz mit ETFs verfolgen. Damit erwirtschafte ich den Marktdurchschnitt, was, wie zuvor beschrieben, den meisten Amateuren und Profis gar nicht erst gelingt.
Ein Fondsmanager kann das nicht. Wenn er nur auf den Marktdurchschnitt setzt, kann er seine Gebühren nicht rechtfertigen. Und abzüglich der Gebühren würde er auch deutlich schlechter performen als der Markt.
Also zusammengefasst kann man festhalten: Ja, Profi-Investoren, das Smart Money, mögen uns Privatanlegern, dem Dumb Money, gegenüber einige Vorteile haben. Aber sie müssen ebenfalls mit einigen Einschränkungen jonglieren, die wir Privatanleger nicht haben.
Der Begriff smart money bzw. Dumb money ist also etwas fragwürdig bzw. Ich würde hinterfragen, ob es überhaupt so etwas wie dumb money und smart money gibt.
Als Privatanleger sind wir in einer überaus guten Position. Und trotzdem verpassen wir es im Durchschnitt, eine ordentliche Rendite zu erzielen.
Daran schließt sich die Frage an:
Was können wir, das vermeintliche dumb money, nun tun, um unsere Rendite zu verbessern?
Zunächst würde ich nochmal hinterfragen, wie der durchschnittliche Anleger, das Dumb Money, sein Geld überhaupt anlegt. Ein in meinen Augen wesentlicher Aspekt ist, dass sehr viele, wenn nicht sogar die Mehrheit der Anleger die Dienste von Profis in Anspruch nehmen, also dem vermeintlichen Smart Money.
Das wären zum Beispiel sogenannte Berater bei Banken, Sparkassen und sonstigen Finanzdienstleistern. Die empfehlen nicht selten überteuerte Finanzprodukte, die vielleicht auch noch eine geringe Rendite erwirtschaften.
Mal anders: Wenn ich die Dienste eines Profis anspruch nehme und ich fälle schlechte Entscheidungen oder ich kaufe schlechte Finanzprodukte, dann wäre eine Möglichkeit, dass ich entgegen der Empfehlung meines Beraters handle. Dann brauche ich ihn nicht.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass ich auf Empfehlung meines Beraters handle. Dann hilft er mir nicht bzw. Womöglich schadet mir sein Rat sogar. Vielleicht, weil er gar kein Berater ist, sondern Verkäufer. Und er agiert nicht in meinem besten langfristigen Interesse, sondern seine Empfehlungen sind zumindest dadurch beeinflusst, dass er für mein Handeln eine Provision erhält.
Also anders ausgedrückt: Ich bin der Meinung, dass die meisten Privatanlegerinnen und Privatanleger eine bessere finanzielle Performance erzielen könnten, wenn sie sich weitestgehend von den Diensten von Profis loslösen.
Wenn es vielfach unser Verhalten ist, dass unserem finanziellen Erfolg schadet, dann wäre eine naheliegende Frage, welches Verhalten nun richtig wäre.
Die Finanzbranche macht sich gerne lustig über das Verhalten von Privatanlegern, dem Dumb Money. Aber wie besprochen, sind auch Profis anfällig für schlechte Verhaltensweisen wie zum falschen Zeitpunkt zu kaufen und zu verkaufen. Und wie auch Privatanleger neigen Profis dazu, ihr Wissen und ihre eigenen Fähigkeiten an der Börse zu überschätzen.
Also wenn wir ehrlich sind, dann haben das sogenannte Dumb Money und Smart Money eine ganze Menge miteinander gemein. Wir haben zwei Möglichkeiten:
- Wir können versuchen, die Profis in ihrem Spiel zu schlagen. Also, dass wir unser Market Timing verbessern, dass wir die ganz heißen Aktien, Kryptowährungen oder alle möglichen Trends identifizieren, billig kaufen und zum richtigen Zeitpunkt wieder verkaufen.
- Oder aber wir lehnen uns zurück. Wir versuchen gar nicht erst den Markt zu timen. Und wir setzen auf die Kraft eines langen Zeitraums, also Stichwort “Buy and Hold”, wie in Folge 39 über das Kaffeedosen-Portfolio erläutert, zum Beispiel mit einem langfristigen ETF-Sparplan.
Wir machen es nicht besser, indem wir ständig aktiv sind, immer die neuesten Börsennachrichten verfolgen, auf Basis dieser Informationen kaufen und verkaufen oder dem neuesten Hype hinterherrennen.
Die ganz heißen Tipps erfahren wir in der Regel sowieso nicht oder erst, wenn die relevanten Informationen schon längst am Markt eingepreist sind.
Die Frage ist doch, wie man langfristig eine gute Rendite erzielt. Dafür sollte man in erster Linie ein paar richtige grundlegende Entscheidungen treffen. Also zum Beispiel, dass man regelmäßig Geld spart und investiert. Dass man die Kosten beim Investieren niedrig hält. Und dass man keine Fehler begeht, also zum Beispiel, indem man es vermeidet, hochspekulative Wetten einzugehen.
In Folge 21 über die Kunst ein Vermögen zu erhalten, hatte ich dazu den Autor Morgan Housel zitiert.
Er sagt: Gutes Investieren bedeutet nicht zwingend, gute Entscheidungen zu treffen. Es bedeutet, nicht andauernd Mist zu bauen. Zitatende.
Es geht darum zu überleben und das Erreichte nicht ins Risiko zu stellen.
PS: Das Titelbild ist in Kolumbien entstanden.