Der schnelle Weg in die Pleite: Mit welchen Entscheidungen und Verhaltensweisen laufen wir Gefahr, finanziellen Schaden zu nehmen? Was können wir stattdessen machen? Also wie vermeiden wir, den schnellen Weg in die Pleite zu beschreiten und stattdessen den Pfad des langfristigen Vermögensaufbaus zu gehen?
Hier geht es zum Podcast:
In Folge 14 über die erste Regel des Investierens, griff ich einen Gedanken des im November 2023 verstorbenen Investors Charlie Munger auf.
Munger war der Meinung, dass viele schwierige Probleme besser gelöst werden, wenn man sie auf den Kopf stellt.
Dieser Ansatz geht zurück auf den preussischen Mathematiker Carl Gustav Jakob Jacobi. Der stellte im 19. Jahrhundert fest: “Man muss immer umkehren”. Das meint, dass man die Betrachtungsweise, die Perspektive ändert.
Und dieser Ansatz, dieser Perspektivwechsel erinnert an das Buch Anleitung zum Unglücklichsein des Psychologen Paul Watzlawick. Das Buch kommt wie eine Parodie auf nicht selten sehr seichte Ratgeber daher, die versprechen, dass ihre Lektüre das persönliche Glück bringen wird.
Watzlawick stellte das Prinzip auf den Kopf und beschrieb, was wir tagein tagaus machen, was uns unglücklich macht.
Das Buch war ein absoluter Bestseller, heute hat es Kultstatus und tatsächlich haben viele Leserinnen und Leser diesen Anti-Ratgeber als tatsächlichen Ratgeber genutzt, um Fehler zu vermeiden, die uns unglücklich machen.
Dieses Gedankenspiel können wir ebenfalls mit unseren Finanzen machen.
Mancher fragt sich, wie er oder sie möglichst schnell reich wird. Wobei dieser Versuch leicht dazu führen kann, dass man ein finanzielles Unglück erlebt. Das sieht man zum Beispiel immer wieder bei Finanzbetrugskandalen. Die spielen oft mit dem unbedingten Wunsch der Menschen, sehr schnell sehr viel Geld zu erhalten, quasi risikolos eine saftige Rendite einzufahren.
Jedenfalls könnte man sich statt der Frage des schnellen Reichtums analog zu Paul Watzlawick auch die Frage stellen, wie man möglichst schnell Geld verliert.
Welches Verhalten muss man an den Tag legen, um ein schlechtes finanzielles Ergebnis zu erzielen? Was ist der schnelle Weg in die Pleite?
Pleite als Brettspiel
Als Kind habe ich mit meinem Freund Hans regelmäßig das Brettspiel Mankomania gespielt. Mankomania ist so ziemlich das Gegenteil von Monopoly. Ziel ist es nicht, ein Imperium aufzubauen und Güter anzuhäufen. Ziel ist es, so schnell wie möglich eine Million zu verpulvern, also pleite zu gehen.
Auf dem Weg in die Pleite bekommt man zahlreiche Hürden in den Weg gelegt, wie die Erbschaft von einer unbekannten Tante oder eine unerwartete Steuerrückzahlung. Im realen Leben geschehen solche Ereignisse vermutlich nicht so oft. Aber es gibt durchaus viele Wege, wie man Geld verlieren kann oder es zumindest verpasst, ein Vermögen aufzubauen.
Eine gängige und oft erfolgreich praktizierte Methode ist, dass man über seine Verhältnisse lebt. In Folge 63 über finanzielle Ziele habe ich in diesem Zusammenhang den Sinnspruch zitiert, dass Vermögen auf der Ausgabenseite gemacht werden.
Also der richtige Umgang mit Deinem Geld, Deine Ausgaben oder auch bewusste Nicht-Ausgaben, das ist ein wesentlicher Schlüssel zum finanziellen Erfolg. Es ist sinnvoll, dass man ein klares Verständnis über die eigene finanzielle Situation hat, dass man seine Einnahmen und Ausgaben kennt.
Tatsächlich passiert es aber gar nicht selten, dass Menschen in die Lifestyle-Falle aus Folge 12 tappen und mit jedem Gehaltsplus die Ausgaben steigern. Das können größere Ausgaben und Anschaffungen sein, aber auch die Summe der vielen kleinen Angewohnheiten im Alltag kann sich läppern. Die Ansprüche wachsen und obwohl man gehaltlich im Zeitverlauf eine super Entwicklung hingelegt hat, hat man es verpasst, auch etwas zurückzulegen. Man ist also davon abhängig, dass der hohe Geldstrom nie versiegt.
Vom Erbe in die Pleite
Bei Menschen, die plötzlich zu viel Geld kommen, zum Beispiel durch eine Erbschaft, da passiert es immer wieder, dass der neue Wohlstand in vollen Zügen genossen wird. Das Geld wird schneller ausgegeben, als es reinkommt und am Ende steht man vielleicht sogar finanziell schlechter da.
Eine Spur schärfer ist es, wenn man sich für Konsum oder einen bestimmten Lebensstil verschuldet. Das ist wirklich nicht gut, passiert aber gar nicht selten.
In Deutschland sind ca. 8,5% der Privatpersonen überschuldet. Das bedeutet, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit ihren Zahlungspflichten nicht nachkommen können. Zur Wahrheit gehört natürlich ebenfalls, dass Überschuldung oft nicht durch übermäßigen Konsum, sondern ebenfalls durch unglückliche Umstände oder Schicksalsschläge geschieht.
Dennoch: Andere schaffen es, durch Sparsamkeit und Genügsamkeit auch mit überschaubarem Einkommen ein solides Finanzpolster aufzubauen, Stichwort Folge 57 über finanzielle Freiheit und die FIRE-Bewegung.
Und die Frage, was man wie konsumiert und wofür man sein Geld ausgibt, das ist natürlich eine zutiefst individuelle Entscheidung, die man für sich selber trifft. Ich möchte niemandem vorschreiben, sparsam zu leben. Wenn Dir bestimmte Dinge im Leben wichtig sind, dann gönn sie dir. Ich plädiere nur dafür, dass man sich des Beipackzettels eines aufwendigen Lebensstils bewusst ist und dass man sich die Frage stellt, was einem wirklich wichtig ist, was einen wirklich glücklich macht und was man sich, wenn man ganz ehrlich ist, überhaupt leisten kann.
Schneller Reichtum oder Pleite?
Kommen wir nochmal zurück zum Wunsch oder Versuch sehr schnell reich zu werden und wie uns das eher schaden kann, es tatsächlich zu werden.
Das erscheint ja etwas absurd. Viele Menschen, die zu Geld gekommen sind – also durch ihre Arbeit, durch Investitionen, die Gründung eines Unternehmens, nicht durch Erbschaft oder Lottogewinn – würden bestätigen, dass man es unbedingt wollen muss.
Ich muss den Willen haben und das Ziel verfolgen, ein Vermögen aufzubauen, um dies auch tatsächlich zu erreichen. Das kann daran liegen, dass ich bestimmte Entscheidungen treffe, die dem Vermögensaufbau dienlich sind. Das kann ebenfalls daran liegen, dass ich ehrgeizig bin und gewissenhaft auf mein Ziel hinarbeite.
Ich glaube, an diesem Gedanken ist was dran. Wobei es durchaus auch Menschen gibt, die durch und durch intrinsisch motiviert handeln, die sich in erster Linie für eine Sache begeistern, darin erfolgreich werden und das Geld kommt fast nebenbei. Und trotzdem kann der Versuch, möglichst schnell reich zu werden, in finanziellem Unglück und Pleite enden.
Betrügerische Ansätze habe ich bereits angesprochen. Ein weiterer Punkt ist Gier. Also dass man den Bogen überspannt, beim Investieren nicht umsichtig genug agiert sondern sehr riskante Wetten eingeht, die enorme Gewinne in Aussicht stellen, aber mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auch schlecht ausgehen können.
Vielleicht malt man sich die mögliche zukünftige Entwicklung, das Erfolgspotenzial eines Unternehmens bzw. Einer Aktie allzu blumig aus oder man übernimmt eher unreflektiert die in packende Geschichten verpackte Prognose eines Gurus oder sonstigen Influencers, Stichwort Folge 70 über Storytelling an der Börse.
Nicht selten geht es um vermeintlich bahnbrechende Entwicklungen, die Traumrenditen versprechen – doch vielleicht droht die Pleite
Ein Beispiel der letzten Jahre sind vegane oder vegetarische Fleischersatzprodukte. Die treffen den Zeitgeist. Sie versprechen gesunde Ernährung. Man tut etwas für den Klimaschutz und fürs Tierwohl. Da ist es doch eine sehr gute Idee, in diese Entwicklung zu investieren. Das mag auf dem Papier stimmen, aber die Frage, ob ein Unternehmen und die zugrundeliegende Aktie wirklich erfolgreich sein wird, ist in den Details etwas komplizierter. Ein erfolgversprechendes Produkt oder ein angesagtes Thema sind nicht unbedingt ein gutes Investment. Folge 37, das nächste große Ding.
Das sehen wir ebenfalls bei neuen innovativen Finanzprodukten oder sonstigen Möglichkeiten schnell an Geld zu kommen. NFTs, also Innovationen in der Kryptowelt. Meme-Aktien, also Aktien, die in Internetforen und auf Social Media heiß diskutiert werden und die oft sehr heftige Kursbewegungen aufzeigen.
Und vielleicht sagt man sich als junger Investor auch, dass der aktuelle Hype eben die Zukunft ist und die älteren haben es einfach nicht verstanden. In der Kryptoszene gibt es dazu den Ausdruck “Have fun staying poor”, also “hab’ viel Spaß beim Armbleiben”. Damit werden diejenigen kritisiert und verspottet, die vielleicht nicht so enthusiastisch auf die Innovationen gucken und manches hinterfragen.
Ich will in die mitunter ideologische Debatte gar nicht einsteigen.
Ich glaube auch, dass Krypto einen nachhaltigen Effekt haben wird. Und gleichzeitig ist das ein Themengebiet, wo viel Wilder Westen und manches dubios ist.
Es mag durchaus Leute geben, die inmitten der Hypes und Trends in sehr kurzer Zeit eine ordentliche Rendite erwirtschaften. Es kann aber ebenso passieren, dass man die Gewinne schnell wieder verliert. Andere holen sich eine blutige Nase.
Ich will nicht per se alle diese Online-Phänomene schlecht reden. Und die Menschen, die sich darauf einlassen, sind ja oft sehr interessiert an Börse und Finanzen, was in meinen Augen schonmal eine begrüßenswerte Eigenschaft ist. Die sind auch gar nicht dumm.
Aber irgendwas scheinen diese Reichtumsversprechen und die Aussicht auf den schnellen Gewinn mit uns Menschen auszulösen. Dass wir die schönen Geschichten nicht im Detail durchdringen möchten, sondern das Narrativ einigermaßen unkritisch übernehmen. Und dass wir nicht sehen oder sehen wollen, dass es oft gar keine Investitionen sind, die da getätigt werden. Das sind oft sehr spekulative Wetten. Man setzt auf den Hype, also die kurzfristige, vielleicht gar nicht inhaltlich begründete positive Wertentwicklung.
Warren Buffetts langsamer Weg zum Reichtum
Und wenn man den Versuch des schnellen Reichtums wie Carl Gustav Jacob Jacobi umdreht, dann ist man bei Warren Buffett, dem Kompagnon vom eingangs erwähnten Charlie Munger.
Der ist Stand Juni 2024, im Alter von 93 Jahren, ca. 135 Mrd. US-Dollar schwer. Seine erste Milliarde machte er erst im Alter von 50 Jahren. Also mehr als 99% seines Vermögens hat er erst nach seinem 50. Lebensjahr aufgebaut.
Stichwort Folge 11 über die wunderbare Kraft des Zinseszins: Buffett ist mal so ziemlich das Gegenteil des schnellen Geldes. Er verfolgt einen bestechend einfachen und unaufgeregten Investmentstil und er denkt wahnsinnig langfristig.
Der Amazon-Gründer Jeff Bezos soll ihn einmal gefragt haben: Warren, Du bist eine der reichsten Personen auf der Welt und Dein Investment-Stil ist so simpel. Warum kopiert Dich nicht jeder? Buffett soll daraufhin einfach nur gesagt haben: weil niemand langsam reich werden will.
Mit Leverage in die Pleite
Eine wirklich gefährliche Mischung für den schnellen Weg in die Pleite ist die Aufnahme von Schulden beim Investieren. Der Fachbegriff hierzu ist Leverage oder auch Hebel. Man leiht sich Geld, um die potenzielle Rendite eines Investments zu erhöhen.
Angenommen, ich habe 10.000 €. Ich leihe mir 40.000 € und investiere sodann 50.000 € in ein Wertpapier. Ich habe also 80% meines Investments mit geliehenem Geld getätigt. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass ich für die geliehenen 40.000 € keine Zinsen bezahlen muss. Ich muss einfach nur das Geld zurückzahlen.
Nun steigt das gekaufte Wertpapier um 10%. Hätte ich lediglich meine 10.000 € investiert, dann läge mein Gewinn bei 1.000 €. Durch das geliehene Geld habe ich aber einen Wertzuwachs von 10% auf 50.000 €, also insgesamt 5.000 €.
Ich konnte meinen Gewinn also verfünffachen und bezogen auf mein Eigenkapital, die von mir investierten 10.000 €, habe ich nicht nur eine Rendite von 10% sondern von stolzen 50%. Das ist der Leverage.
Das Problem ist nur, dass diese Entwicklung auch in die andere Richtung geht. Sprich: Wenn sich das Investment schlecht entwickelt, dann vervielfachen sich ebenso meine Verluste. Den Kredit muss ich aber immer noch zurückzahlen. Und das kann mir dann finanziell das Genick brechen und mich im schlimmsten Fall meine Existenz kosten. Und es gibt leider genügend Beispiele von Personen als auch von Unternehmen, die durch den Einsatz von Leverage pleite gegangen sind.
Also Leverage ist ein zweischneidiges Schwert und in meinen Augen wirklich nur etwas für Profis und selbst bei denen ist das sehr kritisch zu sehen. Der Investor Seth Klarman ist der Meinung, dass fast jedes finanzielle Desaster auf Leverage zurückzuführen ist und das Leverage einen daran hindert, eine langfristige Perspektive einzunehmen. Ray Dalio, der uns in diesem Podcast bereits öfters begegnet ist, drückt es noch drastischer aus. Er ist der Meinung, dass der Einsatz von Leverage wie russisches Roulette ist. Man wird im Laufe der Zeit unweigerlich eine Kugel in den Kopf bekommen.
Abschließend lässt sich zum schnellen Weg in die Pleite sagen
Das wahrscheinlich beste Mittel gegen den schnellen Weg in die Pleite ist, sich seiner finanziellen Situation, der eigenen Möglichkeiten aber auch Limitierungen bewusst zu sein, daraufhin solide Entscheidungen zu treffen, langfristig zu denken und den Aufbau des eigenen Wohlstands nicht zu sehr zu forcieren.
Vielleicht ist es die Natur von uns Menschen, vielleicht ist es ein Merkmal unserer Zeit. Aber ich habe das Gefühl, dass wir in vielen Lebensbereichen allzu gerne eine Abkürzung zu nehmen
Wenn ich eine Sprache lernen möchte, dann ist das Arbeit und dauert seine Zeit. Wenn ich mich in einer Sportart verbessern möchte, dann muss ich ausdauernd trainieren. Und wenn ich einen Sachverhalt wirklich verstehen möchte, dann hilft mir wohl keine kurze Zusammenfassung, sondern dann muss ich mich tief mit dem Thema beschäftigen. Und ähnlich ist es meiner Meinung nach auch bei Fragen des Geldes.
Es wird immer Beispiele für schnellen Reichtum geben. Aber meiner Meinung nach ist die Mehrheit der Anlegerinnen und Anleger deutlich besser aufgestellt, wenn sie einen langfristigen Blick einnehmen und Stück für Stück im Rahmen ihrer Möglichkeiten wie schon öfters in diesem Podcast erläutert den Vermögensaufbau angehen.
PS: Das Titelbild ist in Brandenburg entstanden.