Anleihen, auch bekannt unter dem englischen Begriff Bonds, sind bei Anlegerinnen und Anlegern beliebt.
Doch was genau sind sie und wie funktionieren sie? Darum geht es in diesem Beitrag, als auch um das Thema Anleihenfonds und die Frage, welche Rolle sie beim Vermögensaufbau und in Deinem Depot spielen können.
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Einmal ganz grundsätzlich
Anleihen sind Darlehen, die von Anlegern an Kreditnehmer vergeben werden. Sie sind auch als Schuldverschreibungen oder Obligation bekannt.
Der Kreditnehmer bzw. Der Herausgeber oder auch Emittent einer Anleihe kann sich also mit einer Anleihe Geld am Kapitalmarkt beschaffen. Der Emittent kann ein Staat sein, er gibt also Staatsanleihen aus, oder auch ein Unternehmen, das Unternehmensanleihen ausgibt.
Es gibt verschiedene Arten von Bonds, zum Beispiel Wandelanleihen oder Nachranganleihen. Wir befassen uns in dieser Folge vornehmlich mit der klassischen Staats- bzw. Unternehmensanleihe.
Und in der Regel sind Anleihen festverzinsliche Wertpapiere mit einer fest definierten Laufzeit. Die Obligationen sind also zeitlich befristet und nach einer vorab definierten Zeit wird das geliehene Geld an die Kreditgeber, die Anleger, zurückgezahlt.
Der Zeitraum einer Anleihe ist die sogenannte Laufzeit.
Und der Zeitpunkt, an dem die Anleihe zurückgezahlt wird, das ist die Fälligkeit. Die Restlaufzeit einer Anleihe gibt entsprechend an, wann die Rückzahlung der Anleihe erfolgt.
Und während der Laufzeit können diese Schuldverschreibungen oft an der Börse gekauft und verkauft werden. Also ähnlich wie bei Aktien wird ein Kurs ermittelt, zu dem eine Anleihe gehandelt wird.
Der Kurs der Anleihe schwankt also während der Laufzeit. Am Ende der Laufzeit wird jedoch ein vorab definierter Wert zurückgezahlt. Das ist der sogenannte Nominalwert oder auch Nennwert.
Der Nennwert liegt bei Schuldverschreibungen für Privatanleger oft bei 1.000 €. Demgegenüber gibt es auch Obligationen mit zum Beispiel 100.000 €, die sich eher an institutionelle Investoren richten.
Der Kurs von Schuldverschreibungen wiederum wird in Prozent des Nominalwerts angegeben. Dabei entsprechen 100% dem Nominalwert. Ein Kurs von bspw. 90% bedeutet somit, dass der Wert der Anleihe 10% unter dem Nominalwert liegt.
Wenn man eine Anleihe unter dem Nominalwert kauft und man hält die Anleihe bis zum Ende der Laufzeit, zu der dann der Nominalwert zurückgezahlt wird, dann trägt diese Differenz zwischen Kaufpreis und Nominalwert zur Rendite bei.
Umgekehrt verringert sich die Rendite, wenn man eine Anleihe über dem Nominalwert kauft und zum Ende der Laufzeit wird dann der Nominalwert zurückgezahlt.
Anleihen sind festverzinsliche Wertpapiere
Bei vielen Schuldverschreibungen erhalten die Anleger während der Laufzeit Zinszahlungen, die ebenfalls vorab definiert sind, sogenannte Kupons. Die Zahlung des Kupon ist eine Vergütung für die Anleger, also die Kreditgeber, dass sie dem Kreditnehmer, dem Emittenten, Geld leihen.
Der Kupon wird in Prozent angegeben und bezieht sich auf den Nominalwert. Somit kann ich als Anleger leicht ermitteln, wie hoch die jährliche Ausschüttung ist. Also angenommen, der Kupon beträgt 5% und die Anleihe hat einen Nominalwert von 1.000 €, dann beträgt die jährliche Ausschüttung 50 €.
Die Rendite einer Anleihe setzt sich dann zusammen aus den erhalten Kupons und der Differenz von Kaufkurs und Verkaufskurs bzw. dem Nominalwert, wenn ich die Anleihe bis zum Ende der Laufzeit halte. Das kann man zu Fuß ausrechnen oder man nutzt einen der zahlreichen im Internet verfügbaren Anleiherechner.
Ein weiterer Aspekt sind Anleihenfonds, auch Rentenfonds genannt.
Wie auch bei Aktien können Schuldverschreibungen einzeln oder als Fonds gekauft werden und auch bei Anleihen gibt es sowohl aktiv gemanagte Fonds als auch Indexfonds und ETFs. Bei einem Anleihenfonds investiert man also in mehrere Obgliationen gleichzeitig, wodurch im Vergleich zu einzelnen Anleihen das Risiko eines Zahlungsausfalls reduziert wird.
Der Fondsanbieter nimmt eine jährliche Gebühr, die die Rendite drückt. Bei Anleihe-ETFs sind das etwa 0,2-0,5% pro Jahr, aktive gemanagte Anleihenfonds verlangen deutlich mehr. Und meistens nehmen sie auch noch einen einmaligen Ausgabeaufschlag in Höhe von ca. 3-5%.
Der Ausgabeaufschlag lässt sich teilweise vermeiden, indem man Fonds statt bei Banken bei unabhängigen Fondsvermittlern kauft. Das kann dann schon einen ordentlichen Unterschied machen, wenn man da bis zu 5% Gebühren spart.
Noch günstiger geht es mit einzelnen Schuldverschreibungen. Da fallen im Gegensatz zu den jährlichen Gebühren bei Anleihe-ETFs oder aktiv gemanagten Anleihenfonds nur die Transaktionskosten bei Kauf und Verkauf an.
Wie auch bei Aktien-ETFs gibt es bei Anleihen-ETFs die physische oder die synthetische Replikation und es gibt ebenfalls Anleihen-ETfs die Zinsen ausschütten, oder die thesaurieren, also die Zinsen wiederanlegen.Weitere Details zu aktiv gemanagten Fonds und zu ETFs kannst Du nochmal in den Beiträgen passives Investieren mit ETFs und Investieren mit ETFs nachlesen.
Ein weiterer Unterschied von Einzelanleihen vs. Anleihenfonds betrifft die Laufzeit.
Einzelanleihen habe eine feste Laufzeit mit einem klar definierten Laufzeitende. Wenn also der Kurs einer Anleihe zurückgeht, dann kannst Du bis zum Ende Laufzeit warten. Die Rendite ist ausgemacht und sicher, vorausgesetzt der Emittent wird nicht zahlungsunfähig. Bei Anleihenfonds ist das nicht unbedingt möglich, wenn zum Beispiel die Zinsen weiter steigen und die Anleihenkurse nachhaltig im Keller sind.
Das betrifft sowohl aktive Anleihenfonds als auch passive Anleihen-ETFs. Im Gegensatz zu Einzelanleihen erreicht der Fonds nicht nach zum Beispiel ein paar Jahren ein Laufzeitende, sondern er kauft fortlaufend neue Anleihen. Und dann ist die Frage, ob der Fonds in eher kurz laufende Schuldverschreibungen oder in länger laufende Schuldverschreibungen investiert. Unter diesem Gesichtspunkt wären jedenfalls Fonds mit kurz laufenden Obligationen vorzuziehen.
Man könnte ebenfalls argumentieren, dass für Privatanleger in diesem Fall einzelne Obligationen von soliden Kreditnehmern einem Anleihenfonds vorzuziehen sind. Da kann man die Kursschwankungen bis zum Laufzeitende aussitzen. Und das wäre meiner Meinung dann ein entscheidender Unterschied zu Investitionen in Aktien. Weil bei Aktien wäre es für Privatanleger eher ratsam, nicht auf einzelne Unternehmen zu setzen, sondern das Risiko breit zu streuen.
Wie auch Aktien unterliegen Anleihen, die nicht in Euro, sondern in einer anderen Währung ausgegeben werden, Währungsschwankungen.
Da sollte man aufpassen. Anleihen in Fremdwährungen versprechen auf den ersten Blick nicht selten eine höhere Rendite. Die kann aber durch das Währungsrisiko relativiert werden. Mit dem Kauf einer Anleihe in einer Fremdwährung gehst Du ein Währungsrisiko ein, wobei Währungsschwankungen deine Rendite schmälern oder sogar ins Negative ziehen können.
Ein extremes Beispiel sind Schuldverschreibungen in türkischer Lira. Die weisen oft eine sehr hohe Rendite auf, aber die Lira schwankt auch ziemlich stark. Obligationen in US-Dollar hingegen haben zwar ein geringeres Währungsrisiko und durch Währungsschwankungen kann sich die Rendite ebenfalls erhöhen.
Für normale Anleger ist es aber in der Regel empfehlenswert, sich auf den Euro-Raum zu fokussieren. Und wenn es zum Beispiel amerikanische Anleihen sein sollen, dann gibt es auch solche, die in Euro notiert sind. Das wäre dann ebenfalls in Ordnung bzw. ohne Währungsrisiko.
Also woher eine Anleihe kommt, das ist eine Sache. Eine andere Sache ist, in welcher Währung die Anleihe notiert. Unterm Strich bietet es sich an, Anleihen zu kaufen, die in Euro notieren. Dann kann man die Rendite schon vorher fest bestimmen. Bei Fremdwährungen hingegen ist die Rendite angesichts von Währungsschwankungen ungewiss.
Nun, da geklärt ist, was Anleihen sind und wie sie funktionieren:
Wann bzw. unter welchen Umständen bietet sich das Investieren in Anleihen an?
Ein großer Vorteil von Schuldverschreibungen ist die Planbarkeit.
Ein Beispiel: Wenn ich heute weiß, dass ich in zwei Jahren einen bestimmten Betrag benötige, dann kann ich mein Geld in Obligationen mit entsprechender Laufzeit investieren. Die Laufzeit ist klar definiert. Ich weiß also genau, wann die Anleihe fällig ist und ich den Nominalwert ausgezahlt bekomme.
Bei Aktien ist das so nicht möglich. Aktien erwirtschaften historisch betrachtet und über einen langen Zeitraum eine gute Rendite. Ich sollte mit ihnen aber nicht kurzfristig investieren. Wenn ich in zwei Jahren mein Geld benötige und der Aktienmarkt ist zu der Zeit im Keller, dann habe ich ein Problem.
Mit einer Anleihe muss ich mein Geld in diesen zwei Jahren aber auch nicht nutzlos herumliegen lassen, sondern ich kann es für mich arbeiten lassen. Durch die Zahlung des Kupons erhalte ich einen verlässlichen und beständigen Einkommensstrom. Und wenn ich heute eine Anleihe kaufe, die ich bis zum Ende der Laufzeit halte, dann kenne ich schon heute die Rendite auf mein Invest.
Sie haben allerdings eine tendenziell niedrigere Rendite als Aktien.
Das war insbesondere so während der langen Niedrigzinsphase. Die ging bis Mai 2022, als die amerikanische Notenbank Federal Reserve die Zinswende einläutete und den Leitzins erstmal erhöhte. Die Europäische Zentralbank zog im Juli 2022 nach.
Zuvor waren Anleihen eine lange Zeit nur sehr niedrig verzinst oder haben mit Blick auf die Inflation überhaupt keine Rendite erwirtschaftet. Die von der BRD ausgegebenen Bundesanleihen hatten einen längeren Zeitraum sogar eine negative Rendite.
Mit dem Einleiten der Zinswende und den steigenden Leitzinsen, sind Obligationen nun wieder einen Blick wert. Man sollte die Rendite aber immer kritisch mit der momentanen Inflationsrate vergleichen.
Wie hoch sollte der Anteil von Anleihen in Deinem Portfolio nun sein?
Eine übliche Herangehensweise ist, dass ein ausgewogenes Portfolio sowohl Aktien als auch Anleihen enthalten sollte.
Aktien dienen grundsätzlich dem Erwirtschaften einer Rendite. Während Obligationen in einem ausgewogenen Portfolio in erster Linie diversifizieren sollen. Sie sollen also das Risiko des Portfolios abmildern. Die Idee ist, dass man durch den Anteil an Anleihen im Portfolio der eigenen Risikobereitschaft Rechnung tragen kann.
Das kann zum Beispiel mit dem eigenen Investmentzeitraum zusammenhängen. Wenn ich noch jung bin und mehrere Jahrzehnte investieren möchte, dann fokussiere ich die Rendite und dann bietet sich eine höhere Aktienquote an, Stichwort Folge 11 über die wunderbare Kraft des Zinseszins.
Wenn mein Investmentzeitraum jedoch deutlich kürzer ist, dann möchte ich nicht riskieren, dass mein Portfolio inmitten eines Bärenmarkts Federn lässt. Und dann entscheide ich mich womöglich für einen höheren Anteil Obligationen in meinem Portfolio.
Also während eines Crashs fallen Portfolios mit mehr Schuldverschreibungen weniger stark als solche mit mehr Aktien.
Gegenläufig ist die langfristige Rendite bei Aktien historisch betrachtet höher als bei Schuldverschreibungen, sodass bei einem langen Investmentzeitraum eine höhere Aktienquote dienlich ist. Also unterm Strich können Schuldverschreibungen eine gute Beimischung im Portfolio sein, wenn man das Risiko mindern und mehr Sicherheit möchte oder wenn man sein Geld zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt.
Vor ca. hundert Jahren gab es übrigens auch die Denkart, dass Aktien eher Spekulationsobjekte sind, während Schuldverschreibungen ein solides Investment darstellen. Zum Beispiel schrieben Lawrence Chamberlain und George Edwards in ihrem erstmals im Jahr 1927 erschienen Buch “The Principles of Bond Investments”, dass bei Schuldverschreibungen die Rückzahlung des Nominalwerts ziemlich sicher ist. Bei Aktien ist die Rückzahlung des investierten Geldes nicht unbedingt gegeben.
Es stimmt natürlich, dass Aktienkurse stark schwanken und Firmen auch pleite gehen können. Trotzdem steht der Werterhalt von Aktien eher nicht per se hoch im Risiko, zumindest bei einem breitgestreuten Portfolio. Und wenn ein Unternehmen pleite geht, dann erleide ich vermutlich auch mit meinen Schuldverschreibungen einen Kapitalverlust.
Chamberlain und Edwards wiesen allerdings zurecht darauf hin, dass Schuldverschreibungen durch die Zahlung des Kupons eher für ein stabiles Einkommen sorgen. Auf die Zahlung einer Dividende ist im Zweifelsfall weniger Verlass bzw. die wird in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eher gekürzt, als dass eine Firma ihren Schuldverpflichtungen aus Anleihen nicht nachkommt.
Heute würden die meisten Investoren die Einschätzung Schuldverschreibung = sicheres Invest und Aktie = Spekulation wohl nicht mehr so teilen, aber klar, Schuldverschreibungen sollen Stabilität im Portfolio und Aktien langfristige Rendite bringen.
Oder wie ein Amerikanisches Sprichwort sagt:
Wir kaufen Aktien, damit wir gut essen können, aber wir kaufen Anleihen, damit wir gut schlafen können.
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PS: Das Beitragsbild ist in Valencia entstanden.